Freund sucht nach Lösungen
Deutschland bester Skispringer ist noch nicht in Tournee-Form – Slowene Domen Prevc klarer Favorit
Skispringer Severin Freund hat auch bei der Generalprobe zur Vierschanzentournee nur einen kleinen Schritt nach vorne gemacht. Kurz vor dem Auftakt in Oberstdorf sucht der Weltmeister weiter seine Form.
Engelberg. Seit Wochen müht sich Severin Freund, probiert und tüftelt, doch der Lösung seines großen Problems kommt der Skisprung-Weltmeister kaum einen Deut näher: verflixter Zauberwürfel. Das Spielgerät beschäftigt ihn derzeit ständig – genau wie die Suche nach seiner sportlichen Form. Auch jüngst in Engelberg, bei der Generalprobe für die am 29. Dezember beginnende Vierschanzentournee, ging es bei der doppelten Kniffelei nur langsam vorwärts.
Eisenbichler macht Mut „Ich nehme die Herausforderung an und entwickle mich Schritt für Schritt weiter – so wie mein Zauberwürfel“, sagte Freund, der auf der ungeliebten Schanze in der Schweiz am vergangenen Wochenende Neunter und Zehnter wurde. Solide Ergebnisse, achtbare sogar angesichts der Hüft-Operation, die Deutschlands Nummer eins im Frühjahr über sich ergehen lassen musste. Dennoch scheint Freund weit davon entfernt, ein Mitbewerber auf den TourneeSieg, den ersten deutschen seit dem Triumph von Sven Hannawald 2001/2002, zu werden.
„Wichtig ist, dass die Sprünge besser werden – daher waren es gute Tage“, sagte der 28-Jährige, ehe er sich in den weihnachtlichen Kurzurlaub verabschiedete. Kraft tanken, dann in Oberstdorf angreifen – so lautet wieder der Plan, der im Vorjahr mit dem Auftaktsieg auf der Schattenbergschanze so blendend aufging.
„Severins zweiter Sprung am Sonntag war sein bester seit Kuusamo“, sagte Bundestrainer Werner Schuster. In Finnland hatte Freund beim Saisonauftakt gesiegt. Es war im Nachklapp ein Ausrutscher nach oben. Freund ist noch nicht der Alte – das zeigten die folgenden Platzierungen in Klingenthal, Lillehammer und Engelberg: 1111-26-10-9. Für Schuster aber ein Niveau, auf das sein Topmann zeitnah aufbauen kann: „Wir hoffen, dass wir die Feinform hinbekommen.“
Severin Freund schlägt sich in dieser Saison angesichts seiner Verletzungsprobleme manierlich, mehr aber nicht.
Schuster muss auf Freund setzen, der Routinier bleibt der einzige seiner Springer mit generellem Siegniveau. Markus Eisenbichler war in Engelberg als Fünfter und Siebter zwar erneut bester Deutscher. „Es fehlt aber noch ein bisschen was“, sagte der Siegsdorfer, der zuvor in Lillehammer seine PodestPremiere gefeiert hatte. Eisenbichler, vor Jahresfrist gar aus dem Weltcup-Aufgebot gerutscht, ist bei der Vierschanzentournee ein Mann für Platzierungen, nicht für Podeste.
Dahinter sieht es durchwachsen aus: Andreas Wellinger – unstabil. Richard Freitag – Wundertüte. Die Team-Olympiasieger Andreas Wank und Marinus Kraus – der eine kämpft um Anschluss, der andere ist im zweitklassigen Continental-Cup verschollen.
Vorjahressieger ein Schatten Es bedarf eines Weihnachtswunders, damit die deutschen Adler bei der Tournee auf dem Niveau von Domen Prevc mitfliegen. Spätestens seit seinem Erfolg in Engelberg, dem vierten im siebten Springen, ist der 17-jährige Slowene erster Anwärter auf die Nachfolge seines Bruders Peter. Dem TourneeHerrscher des Vorjahres scheint derzeit alles abhanden gekommen zu sein, am Sonntag verpasste er gar den zweiten Durchgang. „Ich spüre überhaupt keinen Druck“, sagte Domen Prevc: „Ich habe bei meinem Bruder gesehen, wie es ist, wenn man einen Wettkampf nach dem anderen gewinnt. Das ist für mich also nichts Neues.“Freunds Zauberwürfel würde er derzeit wahrscheinlich mit verbundenen Augen lösen.