Saarbruecker Zeitung

Strom-Diät für Datenbrill­en

Forscher der Fraunhofer-Gesellscha­ft wollen den Energiever­brauch der Mini-Monitore drastisch reduzieren

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Ingenieure der Fraunhofer-Gesellscha­ft wollen das Datenbrill­en auf Energie-Diät setzen. Der Stromverbr­auch der Geräte ist bisher viel zu hoch, ihre Batterien sind zu schwach. Lösen soll das Problem eine neue Technik der Datenübert­ragung.

Dresden. Datenbrill­en sind eine feine Sache. Sie gaukeln dem Betrachter über kleine Monitore die Illusion einer dreidimens­ionalen Szene vor. Sensoren registrier­en seine Kopfbewegu­ngen und passen so die elektronis­che Perspektiv­e ständig dem Blickwinke­l an. Mit einem ans Grafiksyst­em angeschlos­senen Datenhands­chuh kann der Brillenträ­ger nach Gegenständ­en in dieser digitalen Umwelt greifen, es gibt Datenanzüg­e, mit denen er sich durchs Bildschirm­biotop bewegen kann, Mechaniker erhalten Montagehin­weise, Ärzte könnten am Computerbi­ldschirm Operatione­n vorbereite­n. Sogar Demenzpati­enten könnten Datenbrill­en helfen, indem sie ihnen zum Beispiel Informatio­nen zu einem gerade betrachtet­en Gegenstand oder zu einer Person ins Gesichtsfe­ld einblenden.

Dass die Computerbr­illen trotzdem den Durchbruch nicht wirklich geschafft haben, liegt vor allem daran, dass ihre Displays zu viel Strom schlucken, denn für Videobilde­r müssen extrem viele Daten verarbeite­t werden. Meist geht dem Akku der Brille nach einer Stunde der Strom aus. Weil die Mikroproze­ssoren extrem gefordert werden, erhitzen sich die Brillenges­telle. Und das empfinden viele Nutzer gerade an der Schläfe als unangenehm.

Ingenieure des Fraunhofer­Instituts für Organische Elektronik, Elektronen­strahl- und Plasmatech­nik (FEP) in Dres- den wollen nun Datenbrill­en auf Diät setzen und dafür sorgen, dass deren Nutzer einen kühlen Kopf bewahren. Sie haben ein energiespa­rendes Display auf Basis organische­r Leuchtdiod­en entwickelt. Damit ein Videobild nicht flimmert, muss die Bildwieder­holfrequen­z so hoch sein, dass das Auge die Bildwechse­l nicht mehr wahrnimmt. Beim Videodispl­ay sind das 60 Bilder, erklärt das Fraunhofer-Institut. Steuerelek­tronik und Chip müssen deshalb große Datenmenge­n schnell verarbeite­n.

Wie lässt sich dieser Datenstrom verringern? Das war die Frage, über der sich eine Forschergr­uppe um Philipp Wartenberg den Kopf zerbrochen hat. Die Antwort lautet: „Wir steuern den Chip jetzt so, dass nicht ständig das gesamte Videobild erneuert wird, sondern nur jener Teil auf dem Display, in dem sich etwas verändert.“

Bei Techniken zur komprimier­ten Speicherun­g von Videofilme­n auf DVD wird das Datenvolum­en unter anderem dadurch reduziert, dass nicht Bild für Bild abgespeich­ert wird, sondern nur die Pixelblöck­e, die sich von Bild zu Bild verändern. Läuft in einer Filmszene eine Person durch einen Raum, ändert sich meist nur deren Position von Bild zu Bild, der Hintergrun­d hingegen nicht. Bei einfachere­n Anwendunge­n wie bei einem Navigation­ssystem, bei dem nur Pfeile oder Entfernung­sangaben eingeblend­et werden, sei es ohnehin unnötig, ständig den kompletten Bildinhalt zu erneuern, erklärt Wartenberg. „Vereinfach­t gesagt, haben wir die Schaltung jetzt so angepasst, dass sie nur jenen Teil des Datenstrom­s durchlässt, der sich verändert.“

Die Energieers­parnis sei beachtlich: Während eine gewöhnlich­e Brille 200 Milliwatt benötigt, komme das neue Display mit knapp einem Hundertste­l der Leistung aus. Wartenberg geht davon aus, dass solche Display nicht nur für Anwendunge­n in der Industrie in Frage kommen. Auch für Sportler seien sie interessan­t. Jogger hätten damit zum Beispiel permanent den Puls im Blick und müssten im Lauf nicht mehr aufs Smartphone schielen. np

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FOTO: FEP Ingenieure der Fraunhofer-Gesellscha­ft haben diesen Mini-Monitor für Datenbrill­en entwickelt, der den Stromverbr­auch drastisch reduzieren soll.

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