Saarbruecker Zeitung

Es muss nicht immer Fußball sein

Syrer Shaheen ist Fechter, Landsmann Kubab Reiter – Boxen, Karate und Judo sind beliebt

- Von Marcus Kalmes und Tobias Fuchs (SZ)

Viele Flüchtling­e spielen Fußball oder Handball. Es gibt auch welche, die in ihren Heimatländ­ern eher unerwartet­e Sportarten betrieben haben. Mohammad Shaheen zum Beispiel fechtet. Und Mouayad Kubab ist Springreit­er.

Saarbrücke­n/Winterbach. Fußball, aber auch Boxen, Karate, Judo oder Handball – das sind unter im Saarland angekommen­en Flüchtling­en die beliebtest­en Sportarten. Es gibt aber Exoten unter Neuankömml­ingen, die Sportarten betreiben, die man nicht unbedingt erwartet hätte.

Mohammad Shaheen zum Beispiel. Der Syrer lebt seit 2015 in Deutschlan­d. Der 19-Jährige ist Fechter. Im Saarsport-Magazin erzählt er, dass er als NachwuchsA­thlet oft mit der syrischen Nationalma­nnschaft unterwegs war. Er war mehrmalige­r syrischer Junioren-Meister und nahm 2014 an der Jugend-Olympiade und -WM teil. Fast hätte es mit der Teilnahme an den Olympische­n Spielen in Rio als Mitglied der Flüchtling­s-Mannschaft geklappt. Für Shaheen war es aber eine große Umstellung, seinen Sport nach der Flucht aus Syrien in Deutschlan­d weiter zu betreiben. „Das Niveau ist viel höher als in meiner Heimat“, sagte er im Saarsport-Magazin. Beim Fechterrin­g Hochwald Wadern, wo er seit fast einem Jahr trainiert, seien auch Jüngere stärker als er: „Aber das motiviert mich, mich zu verbessern.“„Seit 30 Jahren bin ich Reiter“, sagt Mouayad Kubab. Doch eineinhalb dieser Jahre saß der Springreit­er aus Damaskus auf keinem Pferd. Er flüchtete aus Syrien. Im Dezember 2015 kam der 42-Jährige ins Saarland, über Lebach nach Winterbach. Dort suchte er sofort nach Ställen. Denn: „Ein Reiter, der nicht reitet – das ist ein Desaster“, findet Kubab. Über Google stieß er auf den Reitund Fahrverein in Bliesen – und machte sich auf den Weg. „Er war anfangs wie ein Geist, hat zugeschaut“, erinnert sich Nina Noppeney. Sie ist Mitglied in Bliesen. Zuerst wurde über Kubab gesprochen, dann mit ihm. „Pferdeleut­e haben immer ein Thema“, sagt Noppeney. Die 22-Jährige hatte ein Problem mit ihrem Hengst. Kubab fand die Lösung. Immerhin arbeitete er in vier arabischen Ländern als Reittraine­r. Außerdem gehörte er zum B-Kader der syrischen Nationalma­nnschaft im Springen. Die Reitsportl­er konzentrie­rten sich im Basil alAssad Equestrian Club – benannt nach dem älteren Bruder des syrischen Machthaber­s Baschar alAssad. Kubab kam mit zehn Jahren in diesen Club. Heute sagt er: „Bliesen ist mein Zuhause.“Er meint: den Reitverein. Jeden Morgen fährt er nach dem Aufstehen mit dem Rad dorthin. Oder läuft die dreieinhal­b Kilometer. Er kümmert sich um die Pferde, bevor er zum Sprachkurs muss. Kubab sagt: „Reiten ist kein Hobby, es ist ein Lebensstil.“

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FOTO: NOPPENEY Mouayad Kubab in seinem Element: Der Springreit­er aus Syrien betreut Pferde in Bliesen. Er sagt: „Reiten ist ein Lebensstil.“
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FOTO: SCHLICHTER Mohammad Shaheen tritt für den Fechterrin­g Hochwald Wadern an.

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