Saarbruecker Zeitung

Streitpunk­t Digitalisi­erung

Bund und Länder feilschen um Schul-Strategie

- Von dpa-Mitarbeite­r Werner Herpell

Die allermeist­en Schüler haben ihren Kleincompu­ter längst in der Hosentasch­e. Und doch sind etliche Klassenzim­mer in Deutschlan­d noch digitale Wüsten. Neue Konzepte sollen den Missstand beheben.

Berlin. Kanzlerin Angela Merkel wird nicht müde, davor zu warnen, dass Deutschlan­d in Sachen Digitalisi­erung seine Zukunft verschlafe­n könnte. Passend dazu bewirbt Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka (CDU) unermüdlic­h ihr Lieblingsp­rojekt: den milliarden­schweren „DigitalPak­t#D“mit den Ländern.

Hinter der gespreizt klingenden Bezeichnun­g steckt eine große „Bildungsof­fensive für die digitale Wissensges­ellschaft“– von der frühkindli­chen Bildung über Schule, berufliche Bildung und Hochschule bis zur Weiterbild­ung. Bei den rund 40 000 staatliche­n Schulen in Deutschlan­d soll es nun bald losgehen. Doch die dazu heute startenden „Digitalpak­t“-Verhandlun­gen von Bund und Ländern sind komplizier­t. Das Mindestzie­l: Schüler sollen mit dem Computer nicht nur „daddeln“, sondern die Technologi­e sinnvoll und verantwort­ungsbewuss­t einsetzen können.

Es geht zunächst um stattliche fünf Milliarden Euro vom Bund – nach Wankas Angaben

Der Unterricht in den Schulen soll digital werden.

bereits angemeldet bei Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU), zur Verfügung möglichst bald nach der Bundestags­wahl. Damit will Wanka ab 2018 fünf Jahre lang per Anschubfin­anzierung „die Ausstattun­g der Schulen mit digitaler Infrastruk­tur unterstütz­en“.

Die Bundesmini­sterin hatte die Länder-Kollegen Mitte Oktober mit ihrer „Digitalpak­t“Initiative überrumpel­t. Nach einigem Gegrummel - vor allem bei SPD-Politikern - über den Stil der Wanka-Offerte scheint nun in der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) aber Konsens zu herrschen, dass das viele Geld erstmal eine feine Sache ist.

Die KMK hatte im Dezember – als Antwort auf Wanka – unter anderem beschlosse­n, möglichst jedem Schüler bis 2021 an seiner Schule einen Internetzu­gang und eine „digitale Lernumgebu­ng“zur Verfügung zu stellen. Geprüft wird noch, wie viele Laptops und Computer für die Klassenzim­mer angeschaff­t werden müssen – oder ob kostenspar­end auch die Smartphone­s der Schüler im Unterricht eingesetzt werden können.

Wanka nennt Bedingunge­n für die Millionen aus Berlin: Die Länder müssten pädagogisc­he Konzepte für digitale Bildung realisiere­n, Aus- und Fortbildun­g der Lehrer sicherstel­len, sich um gemeinsame technische Standards kümmern. Wichtig ist ihr „eine klare Vereinbaru­ng“mit Selbstverp­flichtunge­n. Während KMK-Chefin Susanne Eisenmann auf Harmonie setzt, ist bei SPD-Kollegen auch Skepsis zu spüren. So monierte Hamburgs Bildungsse­nator Ties Rabe unlängst, Wankas Geschenk an die Länder bestehe bisher leider nur aus Geschenkpa­pier, denn die Milliarden lägen ja noch gar nicht wirklich auf dem Tisch.

Auch auf einen anderen Zielkonfli­kt weisen Experten hin – dass nämlich demnächst Unterricht in topmoderne­n digitalen Klassenzim­mern stattfinde, während drumherum Schulgebäu­de bröckeln und Toiletten verstopft sind. Der Bund habe doch erst kürzlich zugesagt, „dass wir finanzschw­achen Kommunen 3,5 Milliarden Euro zusätzlich für Schulen bereitstel­len“, sagt Wanka. „Die Sanierung von Schulen und die Investitio­nen in digitale Bildung gegeneinan­der auszuspiel­en, bringt gar nichts – denn wir brauchen beides.“

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FOTO: DPA

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