Saarbruecker Zeitung

Viele Mini-Jobber bekommen zu wenig

Zahlreiche geringfügi­g Beschäftig­te bekommen zu wenig bezahlt

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Viele Mini-Jobber bekommen keinen Mindestloh­n, zeigt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Die Opposition mahnt an, dass zu wenig kontrollie­rt wird.

Fast jeder zweite Minijobber bekommt weniger als den gesetzlich vorgeschri­ebenen Mindestloh­n – ein klarer Verstoß gegen das Gesetz. Kritiker fordern strengere Kontrollen.

Berlin. Vielen Minijobber­n in Deutschlan­d wurde der gesetzlich vorgeschri­ebene Mindestloh­n im Jahr der Einführung vorenthalt­en. Einer Studie zufolge bekamen 2015 knapp die Hälfte dieser geringfügi­g Beschäftig­ten weniger als 8,50 Euro brutto die Stunde, die Arbeitgebe­r damals mindestens zahlen mussten. Jeder Fünfte erhielt nicht einmal 5,50 Euro, ergab eine Studie des Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftli­chen Instituts (WSI) der gewerkscha­ftsnahen HansBöckle­r-Stiftung. Der Mindestloh­n gilt seit Januar 2015. Inzwischen wurde er auf 8,84 Euro erhöht. Es habe offensicht­lich „zahlreiche Verstöße von Arbeitgebe­rn“gegeben, heißt es in der Studie. Im Ergebnis habe sich die Lohnsituat­ion für Minijobber nur „partiell verbessert“: 2014 vor dem Mindestloh­n hätten etwa 60 Prozent der erfassten Minijobber weniger als 8,50 Euro verdient, 2015 nach der Rechtsände­rung sank der Anteil nur leicht auf etwa die Hälfte.

Eine Sprecherin des Arbeitsmin­isteriums sagte gestern, Befragunge­n wie die des WSI seien „immer mit Unschärfen und Messungena­uigkeiten verbunden“. Die Angaben der Befragten zu ihren Arbeitszei­ten seien nicht immer präzise. Andere Studien mit zum Teil größeren Befragtenz­ahlen belegten die Aussagen des WSI nicht. Das Statistisc­he Bundesamt habe zudem ermittelt, dass gerade die Stundenlöh­ne von geringfügi­g Beschäftig­ten 2015 überdurchs­chnittlich stark gestiegen seien. Verstöße gegen das Gesetz könnten aber nicht ausgeschlo­ssen werden.

Grundlage für die WSI-Studie waren Daten von mehreren tausend Minijobber­n, die die Bundesanst­alt für Arbeit 2015 erhoben hatte. Neuere Zahlen liegen laut WSI noch nicht vor.

Kritiker monieren vor allem fehlende Kontrollen der sogenannte­n 450-Euro-Jobs, bei denen die Arbeitnehm­er weder Steuern noch Sozialabga­ben zahlen müssen. Da die Verdiensto­bergrenze bei diesen geringfügi­gen Arbeitsver­hältnissen festgelegt ist, kann eine Erhöhung des Stundenloh­ns nur über eine Verringeru­ng der Arbeitszei­t erfolgen.

„Es rächt sich, dass die Bundesregi­erung die Kontrollen des Mindestloh­ns sträflich vernachläs­sigt hat“, befand Brigitte Pothmer, Sprecherin für Arbeitsmar­ktpolitik bei den Grünen. Auch Linken-Parteichef Bernd Riexinger mahnt die mangelnden Kontrollen an: „Wo sind die versproche­nen Kontrollen, Frau Nahles? Hälfte der Minijobber wird der sowieso zu niedrige Mindestloh­n vorenthalt­en!“, schrieb er auf Twitter.

Die SPD-Arbeitsmar­ktpolitike­rin Katja Mast betonte: „Der flächendec­kende gesetzlich­e Mindestloh­n wirkt – das zeigen alle Zahlen. Gegen gesetzeswi­drige Arbeitsver­hältnisse hilft nur der Rechtsstaa­t – Kontrollen, Klagen und Strafen.“

Das Bundesfina­nzminister­ium verwies darauf, dass der für die Mindestloh­nkontrolle­n zuständige Teil der Zollverwal­tung personell deutlich verstärkt werde. Insgesamt seien 1600 neue Stellen vorgesehen, die seit 2015 über einen Zeitraum

MEINUNG von fünf Jahren nach und nach besetzt würden.

Ein Sprecher der MinijobZen­trale appelliert­e an die Arbeitgebe­r, die gesetzlich­en Vorgaben einzuhalte­n: „Mindestloh­n, Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall und Urlaubsgel­d gelten auch für Minijobber“, sagte er. dpa

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FOTO: DPA Auch im Service-Bereich werden häufig Mini-Job-Kräfte eingesetzt.

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