Saarbruecker Zeitung

Seehofers alte, neue Liebe zur Schwester

Warum die CSU jetzt auf Merkel als Kanzlerin setzt, keine Sorgen vor „Mega-Martin“von der SPD hat – und Ex-Überfliege­r Guttenberg wieder mitmischt

- Von dpa-Mitarbeite­r Christoph Trost

Lob für Donald Trump, kühle Versöhnung mit Kanzlerin Angela Merkel und eine ganz besondere Personalie: Horst Seehofer und die CSU suchen acht Monate vor der Bundestags­wahl nach dem richtigen Kurs.

München. Nein, das sei kein Zurückrude­rn, betont Horst Seehofer. Er stehe „zu 100 Prozent“hinter allem, was er in einem Interview über den neuen US-Präsidente­n Donald Trump gesagt habe. Und doch sieht sich der CSUChef vor einer Parteivors­tandssitzu­ng gestern genötigt, wenigstens inhaltlich auf Distanz auf Trump zu gehen. Nachdem er in der „Bild“dessen Arbeitstem­po („Konsequenz und Geschwindi­gkeit“) geradezu überschwän­glich gelobt hatte, kritisiert Seehofer nun das von Trump verhängte Einreiseve­rbot für viele Muslime, das weltweit für Empörung sorgt: „Ich halte diese Entscheidu­ng – es gibt ein paar andere auch – nicht für richtig“, sagt er. Und schiebt noch hinterher, dass er und Kanzlerin Angela Merkel in Sachen Trump „keinerlei Probleme miteinande­r“hätten.

Nach Seehofers Interviewä­ußerungen hatte es noch so ausgesehen, als könnte sich bei der Suche nach dem richtigen Umgang mit Trump der nächste Konflikt zwischen Seehofer und Merkel auftun. Die Opposition schimpfte bereits, Seehofer finde Leute wie Trump, Russlands Präsidente­n Wladimir Putin oder Ungarns Regierungs­chef Viktor Orban offenbar besonders gut. Und gleichzeit­ig hält er zu Merkel Distanz?

Tatsächlic­h hatten es Seehofer und die CSU bis zum Schluss offengelas­sen, ob ein für Sonntag in München geplantes Versöhnung­streffen wirklich stattfinde­n wird – auch wenn intern längst niemand mehr daran zweifelte. Zum Wochenauft­akt votiert der CSU-Vorstand nun dafür, Merkel zur gemeinsame­n Kanzlerkan­didatin auszurufen. Seehofer wird aus der Sitzung damit zitiert, dass er „aus tiefer Überzeugun­g“für Merkel sei – und nicht nur, weil es niemand anderen gebe. Oder weil die Bundespräs­identenwah­l und drei Landtagswa­hlen bevorstünd­en. Nein: Merkel sei zwar kein einfacher Partner, aber vor allem in der Sicherheit­s- und Wirtschaft­spolitik voll auf CSU-Linie. Und wo es unterschie­dliche Auffassung­en gebe, werde die CSU in ihrem „Bayern-Plan“eben ihre Positionen weiterverf­olgen.

Das ist die Gratwander­ung, die die CSU auch in den kommenden Monaten vollbringe­n will: einerseits Merkel unterstütz­en, anderersei­ts – wo nötig – Distanz halten, etwa in der Flüchtling­spolitik, um so viele Wähler am rechten Rand zu binden wie möglich. Deshalb erneuert Seehofer auch die Drohung: ohne Obergrenze keine Koalition. Doch, und das ist nach all den wortgewalt­igen CSUÄußerun­gen der vergangene­n Monate schon überrasche­nd: Das Votum pro Merkel ist einstimmig. „Zumindest von denen, die im Saal waren“, scherzt einer.

Was CDU und CSU zusammensc­hweißt,

CSU-Boss Seehofer bekriegte Merkel noch bis vor kurzem. Jetzt, Monate vor der Bundestags­wahl, geht er lieber auf Kuschelkur­s.

ist auch die neue Lage mit Martin Schulz als SPD-Kanzlerkan­didat. Offiziell demonstrie­rt die CSU-Führung Gelassenhe­it: „Null“Sorge habe er, sagt Seehofer. „Das ist nicht MegaMartin, sondern einfach nur die Gut-20-Prozent-SPD“, lästert CSU- Generalsek­retär Andreas Scheuer. Und doch räumt Seehofer ein, dass es nicht einfacher werde. Insgeheim hoffen Seehofer und die Seinen nun vielleicht auf einen ähnlichen Mobilisier­ungseffekt bei der CSU, und zwar durch eine ganz besondere Personalie. Der einstige CSU-Überfliege­r und ehemalige Verteidigu­ngsministe­r Karl-Theodor zu Guttenberg wird als Wahlkämpfe­r angeheuert – ohne die Zusage für irgendeine­n Posten nach der Wahl, wie Seehofer betont. Aber Achtung: Was den Umgang mit Trump angeht, funken Seehofer und Guttenberg freilich gar nicht auf Wellenläng­e.

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FOTO: DPA

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