Wenn der alte Chef sich zurückzieht
Ein neues Modellprojekt will erreichen, dass sich Hochschulabsolventen mit dem Thema Unternehmensübernahmen befassen. Die Interessenten werden von einer Projektgruppe im Rahmen eines Drei-Phasen-Modells betreut.
SAARBRÜCKEN „Es ist schon ein Unterschied, ob man als Kapitän im Wind steht oder als leitender Angestellter im Windschatten.“Armin Rein (57), seit 1989 Inhaber und Chef der Saarlouiser Spedition Rein, ist langsam dabei, den Platz zu tauschen und hinter den neuen Kapitän auf die Lee-Seite zu treten. Richtung Luv, also in den Wind, rückt allmählich Marco Eglseder (42), der seit 2011 ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter bei Rein ist. Aktuell hält Eglseder 22 Prozent am Unternehmen. Dieser Anteil soll auf 49 Prozent hochgefahren werden.
Es ist eine von diesen Firmenübergaben, die frühzeitig geplant und offenbar gut durchdacht sind, wie es Rein auf einer Veranstaltung beschrieben hat, die sich mit dem Thema Unternehmensnachfolge durch Hochschulabsolventen beschäftigte. Eglseder ist Diplom-Kaufmann, „doch ich habe das Speditionsgewerbe von der Pike auf erlernen müssen“, sagt er. „Den ,Studierten‘ darf man bei unseren Fernfahrern, die einen guten und harten Job machen, nicht raushängen lassen.“„Fairness und Vertrauen sind die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Firmenübernahme“, meint Rein. „Außerdem sollte man die Mitarbeiter rechtzeitig einbinden.“Der Rest „ergibt sich“.
Dieser „Rest“ist natürlich auch nicht ohne. Das Soll und das Haben müssen ermittelt werden und die Bestandaufnahme über den Firmenwert muss in einen Kaufpreis münden, mit dem beide Seiten leben können und den der Übernehmer auch finanzieren kann. Bei einer mittelständischen Spedition mit 250 Mitarbeitern und namhaften Autozulieferern oder Stahlhändlern als große Kunden kein leichtes Unterfangen.
Damit solche Unternehmensübernahmen durch Hochschulabsolventen in Zukunft häufiger vorkommen, haben sich etliche Projektpartner zusammengetan. Dazu gehören unter anderem Fachanwälte und Steuerberater. Mit dabei ist zudem die landeseigene Strukturbank SIKB. „Wir haben speziell ausgebildete Mitarbeiter, die sich auf diesem Gebiet bestens auskennen“, erläuterte SIKB-Vorstand Achim Köhler. Ansprechpartner an der Universität ist die Kontaktstelle für Wissensund Technologietransfer (KWT) mit Geschäftsführer Axel Koch. Die Absolventen der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) werden von den Professoren Andy Junker und Jürgen Griebsch betreut.
Die Projektpartner haben ein Drei-Phasen-Modell entwickelt, das helfen soll, Unternehmer, die einen Nachfolger suchen, mit geeigneten Bewerbern aus dem Umfeld der Hochschulen zusammenzubringen. Sie bestehen aus Kennenlern-, Anspar- und Umsetzungsphase. Im Rahmen dieses Modells werden die womöglich künftigen Partner betreut. Beide erhalten unter anderem konkrete Materialien und Vertragsvorlagen. .............................................