Neureuther will wieder „der alte Felix“sein
Die alpine Ski-WM in St. Moritz wird heute eröffnet, morgen starten die ersten Wettbewerbe. Deutschland hofft auf drei Medaillen.
ST. MORITZ (dpa) Wenn die Ski-WM in St. Moritz heute Abend eröffnet wird, hat Felix Neureuther einen Trainingstag irgendwo in den Alpen hinter sich. Gestern war Deutschlands bester Skirennfahrer wieder zurück auf der Piste, nachdem er wegen einer Knieblessur zuletzt einige Tage aussetzen musste. „Es geht echt besser. Die Pause war wichtig, ich habe wirklich absolut gar nichts gemacht, nur Therapie. Ich war viel im Wasser, was für mein Knie sehr gut war“, sagt Neureuther: „Wir sind auf einem guten Weg.“
Bis zu seinem ersten Einsatz in St. Moritz hat er noch Zeit. Die erste Woche mit den Speedrennen Abfahrt und Super-G verfolgt der 32-Jährige aus der Ferne. Erst in der zweiten Woche mit dem Mannschafts-Wettbewerb dienstags, dem Riesenslalom am Freitag und dem Slalom am letzten WM-Tag geht es auch für Neureuther um die Medaillen.
Die Tage bis zu seiner WMRückkehr im Engadin – schon seine ersten Weltmeisterschaften vor 14 Jahren waren in dem Nobelort in der Schweiz – braucht Neureuther aber nicht nur, um völlig gesund zu werden. Auch an der wichtigen Materialabstimmung von Schuh, Bindung und Ski muss er noch feilen. „Mein persönliches Ziel ist, dieses Aha-Erlebnis zu haben, dass ich das Gefühl habe, jetzt wieder der alte Felix zu sein. Dass ich das Gefühl habe fürs Material und mich bis ans Limit pushen kann“, berichtet Neureuther: „Wenn mir das gelingt, dann weiß ich ganz sicher, dass ich sehr schnell Skifahren kann.“
Noch aber, das gesteht er, habe er dieses Gefühl weder im Rennen noch im Training. Die Konsequenz: Vor dem ersten WM-Rennen hat der Techniker deutlich weniger Podestplätze im Weltcup eingefahren als in den vergangenen WM-Jahren. 2013 waren es sechs, 2015 sieben – in diesem Winter steht der Zähler bei drei.
„Ich habe es auch schon vorher probiert. Vor allem was den Slalom betrifft, ist es nicht so locker und geschmeidig gelaufen, wie ich mir das gewünscht habe. Ich arbeite daran, dieses Momentum wieder zu finden“, sagt Neureuther vor seiner achten WM. Denn nach Team-Gold 2005, TeamBronze 2013 und den beiden Slalom-Plaketten von 2013 und 2015 möchte Neureuther bei den aller Wahrscheinlichkeit nach letzten Weltmeisterschaften seiner Laufbahn noch mal aufs Podest.
Insgesamt hofft der Deutsche Skiverband, bei drei Siegerehrungen vertreten zu sein. Bei den Damen soll Viktoria Rebensburg liefern. Am besten schon im ersten Rennen der WM, dem Super-G morgen. Dazu ist ein Top-3-Resultat im Team-Event einkalkuliert. Bei den Herren ruhen die Hoffnungen nach dem verletzungsbedingten Saison-Aus für Fritz Dopfer fast nur auf Neureuther.
Doch Stefan Luitz gelang am Sonntag vor einer Woche beim Heim-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen ein starker dritter Rang im Riesenslalom – und Linus Straßer reist mit dem Selbstvertrauen aus seinem ersten Weltcup-Sieg beim Parallel-Slalom in Stockholm ins Engadin. „Die Leistung von Linus war wirklich genial. Man darf jetzt aber nicht den Fehler machen und von ihm Gold erwarten“, betont Neureuther.
Er selbst dagegen hat sehr wohl Erwartungen an Straßer. „Er hat mich danach angerufen. Und ich habe ihm gesagt: Es ist mir wurscht, was du mir jetzt vorjammerst, aber 50 Prozent von der Siegprämie bekomme ich trotzdem“, scherzt Neureuther. „Er glaubt immer noch nicht, dass ich das ernst meine. Nach der Saison wird er mir schon ein Bierchen ausgeben.“Der Hintergrund: Straßer stand in Stockholm nur am Start, weil Neureuther wegen seiner Kapselreizung im Knie auf die Reise nach Schweden verzichtete und den Startplatz an den Mannschaftskollegen weitergab. Denn wichtig ist für Neureuther einzig und allein St. Moritz.