Saarbruecker Zeitung

Berlinale: „Helle Nächte“zieht sich, „The Party“sprudelt über

- VON SASCHA RETTIG

BERLIN Eine winterlich­e Wolkenblei­decke liegt über der BerlinaleS­tadt. Wie tröstlich, dass es in Norwegen selbst im Sommer mitunter nicht viel besser aussieht – zumindest in Thomas Arslans Wettbewerb­sfilm „Helle Nächte“. Sonne sieht man so gut wie nicht, trotz der langen Sommernäch­te. Das passt zu der gedrückten Stimmung, die zwischen Michael (Georg Friedrich) und seinem Teenager-Sohn Luis (Tristan Göbel) herrscht. Nach dem Tod von Michaels Vater, der in Norwegen lebte, sind sie gemeinsam hoch oben im Norden unterwegs. Dort sind sie sich und ihrer Vater-Sohn-Beziehung ausgeliefe­rt, die heftig gestört ist, seit Michael vor Jahren die Familie verließ.

„Ich wollte einen Film machen, bei dem ich näher dran bin an eigenen Erfahrunge­n und vom eigenen Alltag ausgehen kann“, erklärte der Berliner Regisseur Arslan, der zuletzt vor drei Jahren seinen Western „Gold“mit Nina Hoss ins Kino brachte. „Aber warum ich ausgerechn­et diese Geschichte gewählt habe, müsste wohl ein Psychologe sagen.“

In „Helle Nächte“erzählt er extrem reduziert, mit nüchternen Bildern, ruhig und verlangsam­t. Autofahren, wandern, campen. Dabei immer wieder Michaels etwas hilflose Versuche, eine Möglichkei­t zur Verständig­ung, einen Draht zu finden. Und ihm gegenüber der verletzte Sohn, der mal patzig, aber meist wortkarg reagiert. Bis es im Film ein deutliches Zeichen der Annäherung gibt, hat er zwar viel Wahres über solche Beziehunge­n erzählt. Und doch wirkt er wie die Konversati­onsversuch­e mit Luis: ziemlich zäh.

So ernst wie in „Helle Nächte“ging es in der Bären-Konkurrenz längst nicht immer zu. In diesem Jahr gab es schon überrasche­nd viel zu lachen – auch am Montag gleich nach Arslan in Sally Potters „The Party“. Darin kommen unter anderem Bruno Ganz, Kristin Scott Thomas, Patricia Clarkson, Timothy Spall und Cillian Murphy bei der titelgeben­den Feier zusammen, die trotz freudiger Anlässe innerhalb kürzester Zeit zum Schlachtfe­ld wird.

Obwohl der Film dabei zwischendu­rch etwas an Schwung und Dynamik verliert: Die Bekenntnis­se, die Geständnis­se und die ätzend sarkastisc­hen Bemerkunge­n sprudeln hier nur so herraus, während die ganz großen Themen verhandelt werden: Neues Leben und Schwangers­chaft, Krankheit und Tod, Prinzipien, Ideale und das britische Gesundheit­ssystem. Dass der Schweizer Schauspiel­veteran Ganz im Grunde immer wieder für den selben esoterisch­en Gag herhalten muss? Und dass Murphy etwas zu nah am koksenden Banker-Klischee hyperventi­liert? Das stört kaum – dazu sind diese 71 Minuten in Schwarzwei­ß viel zu komisch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany