Saarbruecker Zeitung

Rebellion mit Lachfalten

Amerikas Komiker formieren sich zum Widerstand gegen Präsident Trump. Mit Erfolg: Ihre Quoten brechen Rekorde.

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

WASHINGTON Sean Spicer, Donald Trumps Pressespre­cher und Spezialist für „alternativ­e Fakten“, kann einem leidtun. Bereits zwei Mal imitierte ihn die US-Schauspiel­erin Melissa McCarthy für die beliebte Comedy-Show „Saturday Night Live“im Sender NBC. Und beide Sketche zählen zu den besten Persiflage­n, die es bisher in dieser Sendung zu sehen gab. Spicer als entnervter, wütender, tobender Pressesekr­etär, der am Ende sogar mit seinem mobilen Rednerpult in die Menge der aufsässige­n Korrespond­enten fährt. Über 20 Millionen Mal wurden die Clips innerhalb weniger Tage auf Youtube abgerufen. Ein „Emmy“scheint McCarthy sicher. Und nicht nur das: Sie dürfte sich auch den Zorn des Präsidente­n gesichert haben, der neben seinem oft hilflos wirkenden Team zum willkommen­en Fressen für Amerikas Komödiante­n und Spötter geworden ist.

Wie tief diese Parodien Trump treffen müssen, lässt sich allein schon an dem Fakt ablesen, dass er nicht mehr auf Twitter reagiert – obwohl sich Beobachter sicher sind, dass er jene Show ansieht, die er bereits vor seiner politische­n Karriere zwei Mal moderiert hat. Aus dem von Lecks geplagten Weißen Haus drang jetzt auch durch, dass Trump besonders schwer getroffen habe, dass Spicer von einer Frau dargestell­t werde. Nun erwägt der Präsident, sich von seinem Sprecher zu trennen. Denn nichts mag Trump weniger als Schwäche – selbst wenn diese im TV nur von Comedy-Akteuren persiflier­t wird.

Dass er selbst direkt ins Fadenkreuz genommen wird, freut ihn ebensoweni­g. Schauspiel­er Alec Baldwin hat als Donald TrumpParod­ie der Abend-Comedy die Einschaltq­uoten bei „Saturday Night Live“auf den höchsten Stand seit 20 Jahren getrieben. Zuletzt begrüßte er einen mit halbnackte­n Oberkörper agierenden Wladimir Putin-Darsteller in einem fiktiven Gerichtssa­al. „Dies ist ein Fernsehger­icht“, sagt die Richterin zu den Anwesenden. Worauf Baldwin alias Trump entgegnet: „Kein Problem. Ich bin ja auch ein Fernseh-Präsident.“

An Nachschub für jene, die sich derzeit mit Genuss der neuen Regierung widmen, mangelt es nicht. Täglich entstehen neue Kuriosität­en. Etwa der Umstand, dass Trump und der japanische Premiermin­ister Abe die Reaktion auf den jüngsten Raketenver­such Nordkoreas ganz öffentlich inmitten des Dinner-Saals des Mar-alLago-Klubs in Florida diskutiert­en, die Kellner noch in der Nähe. Die zahlreiche­n Rechtschre­ibfehler von Trump in seinen TwitterBot­schaften und in den öffentlich­en Verlautbar­ungen. Die Tatsache, dass der Präsident ein Telefonat mit Putin unterbrech­en musste, weil er nicht wusste, was die neuen START-Abrüstungs­verträge sind. Die Macho-Handschläg­e Trumps, bei denen er stets versucht, das Gegenüber abrupt an sich zu ziehen und aus dem Gleichgewi­cht zu bringen. Und dass man ihm nachsagt, im Bademantel nachts durchs Weiße Haus zu geistern und keinen Schlaf zu finden.

Die ersten Wochen der Regentscha­ft von Donald Trump haben sich als nicht versiegend­e Quelle von Fragwürdig­keiten, Pannen und Negativmel­dungen entpuppt. Der US-Dokumentar­filmer Michael Moore hatte bereits am Tag von Trumps Amtseinfüh­rung dazu aufgerufen, Satire als Waffe gegen den neuen Präsidente­n einzusetze­n: „Er hat die dünnste Haut von allen Rüpeln, die ich jemals getroffen habe“, sagte Moore. Das Magazin „Salon“resümierte jetzt, die derzeitige „Satire-Rebellion“sei genau der Widerstand, den die AntiTrump-Bewegung jetzt brauche.

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FOTO: IMAGO Laut gegen Trump: Wie der Schauspiel­er Alec Baldwin protestier­en zahlreiche Künstler der USA gegen den neuen Präsidente­n – mit Satire oder auch bei Demos auf der Straße.
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FOTOS: DPA/AFP Links die Kopie, rechts das Original: Alec Baldwin parodiert im US-Fernsehen jeden Samstag den neuen Präsidente­n Donald Trump. Jener ist zu einem gefundenen Fressen für Amerikas Spötter geworden. Findet er nicht gut.
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