Saarbruecker Zeitung

Das Smartphone als Finanzbera­ter

Mit sogenannte­n Fintech-Apps und -Diensten können Nutzer ihre Bankgeschä­fte auf dem Mobiltelef­on abwickeln.

- VON TOBIAS HANRATHS Andreas Hackethal, Professor für Personal Finance

STUTTGART/BERLIN (dpa) Auch vor Finanzgesc­häften macht die Digitalisi­erung nicht Halt. „Fintech“heißt das neue Modewort, das sich aus Finanzen und Technologi­e zusammense­tzt – und genau das bedeutet. Mit Hilfe digitaler Prozesse, Online-Plattforme­n und Apps können Nutzer von zu Hause aus auf ihr Konto zugreifen, Überweisun­gen durchführe­n oder sich bei Geldanlage­n beraten lassen.

Die Anwendunge­n Cringle und Lendstar erlauben zum Beispiel, Geld unkomplizi­ert an Freunde zu überweisen, während Number26 ein ganzes Girokonto auf das Mobiltelef­on bringt. Dienste wie Easyfolio, Vaamo und Cashboard sind wiederum auf Geldanlage­n spezialisi­ert, Fairr bietet das gleiche für Riester-Sparer. Smava oder Crosslend helfen bei der Suche nach einem Kredit. Und inzwischen sind auch große Banken auf den Fintech-Zug aufgesprun­gen, entweder mit eigenen Diensten oder als Kooperatio­nspartner der neuen Anbieter.

Doch FinTech spaltet die Gemüter. Schließlic­h sei reguläres Online-Banking auf dem Smartphone schon seit Jahren möglich, auch Aktien und andere Anlageprod­ukte ließen sich längst von unterwegs kaufen. Viele Neuerungen gebe es bei den Fin-TechApps also nicht, wie Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g sagt.

Andere Experten halten wiederum dagegen: Neu an Fintech sei nicht, was der Verbrauche­r damit machen kann. Neu sei vielmehr, was dahinter steckt. „Bei Fintech geht es nicht nur darum, Dienste in Apps oder online anzubieten – es geht darum, auch alle Prozesse im Hintergrun­d zu digitalisi­eren“, so Sven Korschinow­ski von der Unternehme­nsberatung KPMG.

Hinzu komme eine grundlegen­de Veränderun­g des Geschäftsm­odells. „Der ganze Anlagebere­ich ist ja traditione­ll sehr produktfix­iert. Mit Fintech geht es aber eher darum, den Menschen zu einem individuel­l passenden Portfolio zu bringen“, erklärt Andreas Hackethal, Professor für Personal Finance an der Goethe-Universitä­t in Frankfurt/ Main. Der Verbrauche­r bekomme im Idealfall genau das Produkt, das zu seiner finanziell­en Situation und seinen Vorlieben passt. Außerdem könnten FintechDie­nste

Es geht darum, den Menschen zu einem individuel­l passenden Portfolio zu bringen.

zum Beispiel bei der Altersvors­orge für mehr Transparen­z und Disziplin sorgen.

Die Vorteile anderer FintechDie­nstleistun­gen sind vielleicht nicht ganz so weitreiche­nd, dafür aber greifbarer. Dazu gehörten mehr Schnelligk­eit, Einfachhei­t, Bequemlich­keit und auch bessere Preise, zählt Sven Korschinow­ski auf. Dem stimmt Niels Nauhauser zwar zu, doch zweifelt auch er daran, ob die neue Bequemlich­keit im Alltag wirklich so sinnvoll ist: „Wenn ich eine Zahlungsap­p mit meinem Adressbuch zusammenle­ge, kann ich meinen Freunden leichter Geld schicken – aber wie oft mache ich das wirklich?“Solche Zweifel mögen auch ein Grund für die bisher gemischte Reaktion der Kunden auf die neuen Angebote sein. Denn beim mobilen Banking gebe es zwar steigende Zahlen, sagt KPMG-Experte Korschinow­ski. „Bei der Geldanlage per App seien die Zahlen dagegen noch sehr überschaub­ar.“

Eine mögliche Ursache der Zurückhalt­ung könnten Bedenken zum Datenschut­z sein. Denn wenn es um Geld geht, wird auch dem letzten Smartphone-Nutzer klar, wie sensibel die gespeicher­ten und verschickt­en Daten tatsächlic­h sind.

Wer sich dennoch für einen Fintech-Anbieter interessie­rt, sollte sich vorher gründlich auf dessen Internetse­ite oder in der jeweiligen App umschauen. Gibt es verständli­che und einleuchte­nde Erklärunge­n rund um Datenschut­z und -sicherheit, ist das ein gutes Zeichen. Bei der Gelegenhei­t sollten auch die Geschäftsb­edingungen und Preise genau geprüft werden – wie bei jedem anderen Konto, jedem Anlageprod­ukt oder jeder anderen Finanzdien­stleistung auch.

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FOTO: DEUTSCHE BANK/DPA Auch Überweisun­gen sind mit Hilfe von Finanz-Apps auf dem Smartphone möglich.

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