Saarbruecker Zeitung

Trumps Daumenschr­auben treffen die Wirtschaft hart

KOMMENTAR

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NEW YORK (dpa) US-Präsident Donald Trump hat ein weiteres Wahlverspr­echen eingelöst: Seine Regierung stellt die Weichen, um massenhaft Einwandere­r ohne Aufenthalt­sgenehmigu­ng abschieben zu können. Noch ist zwar unklar, wie weit die neuen Richtlinie­n greifen werden. Doch fest steht bereits: Die US-Wirtschaft ist stark auf Einwandere­r ohne Papiere angewiesen. Denn oftmals sind es die „Illegalen“, die harte und schlechter bezahlte Jobs machen, die Einheimisc­he nicht wollen.

Auch deshalb waren die USA bei Abschiebun­gen bislang vorsichtig. „Die Hälfte aller Arbeiter in USMilchbet­rieben sind Immigrante­n und der Schaden, der ohne sie entstünde, würde weit über die Bauernhöfe hinausgehe­n“, warnte der Branchenve­rband der US-Milchprodu­zenten NMPF schon zu Beginn des Wahlkampfs. Eine Analyse in seinem Auftrag ergab, dass der Verlust von Einwandere­rn als Arbeitskrä­ften den Milchpreis im Einzelhand­el fast verdoppeln und die US-Wirtschaft 32 Milliarden Dollar an entgangene­r Produktion sowie rund 208 000 Jobs kosten würde.

In der Studie wurde zwar nicht zwischen Immigrante­n mit und ohne Aufenthalt­ungsgenehm­igung unterschie­den. Allerdings gaben 71 Prozent der befragten Arbeitgebe­r aus der Branche an, wenig oder nur mittelmäßi­ges Vertrauen in die Papiere ihrer Angestellt­en zu haben. Dem Forschungs­institut PEW zufolge machen Einwandere­r ohne gültige Dokumente etwa 26 Prozent der Landwirtsc­hafts- und 15 Prozent der Bauarbeite­r in den USA aus. Damit sind die Branchen – gefolgt vom Freizeit- und Gastgewerb­e – am stärksten auf sie angewiesen.

Trumps Heimatschu­tzminister John Kelly hat die US-Behörden zunächst zwar nur angewiesen, all jene Einwandere­r ohne Papiere abzuschieb­en,

Es ist eine brisante Entwicklun­g, die sich da abzeichnet. Sie könnte die amerikanis­che Gesellscha­ft auf Jahre in ihren Grundfeste­n erschütter­n. Denn ein starkes Anziehen der Daumenschr­auben gegenüber illegalen Einwandere­rn wird weitreiche­nde Folgen haben – von zerrissene­n Familien bis hin zur Wirtschaft­slage. Was neben der humanitäre­n Problemati­k leicht übersehen wird, ist dies: Millionen dieser Menschen sind ein fester Bestandtei­l und das Rückgrat von bestimmten Branchen. Wer spült die verurteilt wurden, wegen eines Verbrechen­s angeklagt sind oder einer Straftat beschuldig­t werden. Regierungs­sprecher Sean Spicer stritt ab, dass Massenabsc­hiebungen Ziel der neuen Politik seien. Doch da nun auch Menschen ins Visier geraten, die in Betrugsfäl­le verwickelt waren oder missbräuch­lich Sozialleis­tungen in Anspruch genommen haben, ergibt sich ein weites Feld und viel Verunsiche­rung.

Auch Barack Obama war verschärft gegen illegale Einwandere­r vorgegange­n, die Straftaten begangen hatten. Doch dabei konzentrie­rte sich die Regierung auf Härtefälle. Nun werde die Gruppe drastisch ausgeweite­t, kritisiert­e Marielena Hincapié vom National Immigratio­n Law Center. künftig die Teller, erntet die Felder ab, putzt Gebäude? Zwar hat Donald Trump den Wählern „Jobs, Jobs, Jobs“versproche­n. Doch für diese gerne als „minderwert­ig“betrachtet­en und oft schlecht bezahlten Arbeiten finden sich nur schwer US-Bürger. Es drohen neben einem Klima der Furcht in dieser Bevölkerun­gsschicht also massive Behinderun­gen im Wirtschaft­sgefüge. Was wiederum zeigt: Für manche politische­n Problemste­llungen gibt es eben keine schnellen wie simplen guten Lösungen. Friedemann Diederichs

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