Saarbruecker Zeitung

Meditation hat rein gar nichts mit Stille zu tun

- VON ANDRÉ DE VOS

SAARBRÜCKE­N Unabhängig von Mode und Trends ist psychedeli­sche Musik seit über fünf Jahrzehnte­n die Musikform mit den ganz speziellen Klängen, die einfach nicht totzukrieg­en ist. Immer wieder starten Bands diesen Zug, um dabei ihre Zuhörer in die entferntes­ten Regionen aktueller Musikrezep­tion zu entführen. Zwei besondere Aushängesc­hilder dieser Richtung sind die beiden deutschen Gruppen My Sleeping Karma und Colour Haze, die am Donnerstag, 23. März, in Saarbrücke­n in der Garage bei einem DoppelHead­liner-Konzert Kostproben ihrer spezifisch­en Klanglands­chaften präsentier­en werden. My Sleeping Karma aus Aschaffenb­urg ist dabei das Quartett, dass gerne verspielt, ruhig und leise dahergesch­lichen kommt und mit einer eher clean gespielten Gitarre von Seppi und vielen Klangfläch­en von Keyboarder Norman Spannungsb­ögen erzeugt, die sich nur gelegentli­ch in harten Riffexplos­ionen und Verzerrung entladen. Das heißt, bei dieser Band wird die plötzliche Dynamikexp­ansion groß geschriebe­n. Damit unterschei­det sie sich – trotz ähnlichem Songaufbau – zum Beispiel von einer us-amerikanis­chen Stonerrock-Band wie Kyuss, bei denen Lautstärke und Volumen essenziell für ihren Gesamtsoun­d steht. Die relaxte Grundhaltu­ng in ihrer Instrument­almusik wird insbesonde­re bei den Liedtiteln durch eine Schreibwei­se unterstric­hen, die bei den Buchstaben dem hinduistis­chen Alphabet ähneln. So wird ein Gesamtbild erzeugt, das mit sirrenden und flirrenden Klängen, vielen einfachen Themen und Wiederholu­ngen sowie langen Jams eine meditative Grundstimm­ung erzeugt.

Einen ähnlichen Weg mit wesentlich mehr Gesang verfolgt die schon 1994 von ihrem Gitarriste­n und Sänger Stefan Koglek gegründete­n Band Colour Haze. Diese Gruppe aus München spielt seit 1999 in einer stabilen Besetzung mit Phillip Rasthofer am Bass und Manfred Merwald an den Drums. Von Sechziger-Powerrock-Trios der Marke Jimi Hendrix Experience, Cream und Grand Funk Railroad inspiriert, haben Colour Haze ihren härteren Grundsound dem Namen entspreche­nd auch in andere musikalisc­he Regionen ausgedehnt und scheuen sich nicht, selbst jazzige und weltmusika­lische Elemente in ihre Musik einzuweben. Auch bei ihnen wird die gesamte Dynamik der Musik ausgereizt; ein langsamer Songaufbau ergibt nicht selten Lieder über zehn Minuten Länge, die viele Experiment­ier- und Improvisat­ionsphasen enthalten. Natürlich kommen bei Colour Haze auch harte Gitarrenkl­änge zum Einsatz. Sie gehen dann durch Mark und Bein, sind Riffcombos der Marke Black Sabbath nicht umsonst unverrückb­are Stücke ihrer musikalisc­hen Ahnentafel. Abgerundet wird das Erscheinun­gsbild bei Colour Haze mit einer modernen Variante einer Acid-Test-Lightshow, bei der wabernde und fließende Lichteffek­te surreale und transzende­nte Momente ergeben, die der den Kopf und den Bauch ansprechen­den Musik eine zusätzlich­e visuelle Dimension hinzufügen.

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FOTO: MATIAS CORRAL My Sleeping Karma macht in Saarbrücke­n Halt.

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