Saarbruecker Zeitung

„Ich weiß noch nicht richtig, wie man bremst“

Pita Taufatofua aus Tonga ist eigentlich Taekwondo-Kämpfer. Jetzt startet er eine zweite Karriere – als Skilangläu­fer bei der WM.

- VON GERALD FRITSCHE

LAHTI (dpa) Ob Tongas OlympiaHel­d Pita Taufatofua auf Skiern eine ebenso gute Figur macht wie in einer lauen August-Nacht in Rio, darf bezweifelt werden. Bei der Eröffnungs­feier der Sommerspie­le trug der muskulöse TaekwondoK­ämpfer die Fahne des SüdseeStaa­tes im Bast-Röckchen und mit nacktem, eingeöltem Oberkörper ins legendäre Maracanã-Stadion – und verzückte damit die DamenWelt rund um den Globus. Praktisch über Nacht wurde Taufatofua zum Star der Netzwelt und Boulevard-Medien. Die Zahl seiner Instagram-Follower schoss von null auf 142 000.

An diesem Donnerstag versucht sich der 100 Kilogramm schwere Hüne erstmals in einem völlig anderen Metier – in der Qualifikat­ion zum Langlauf-Sprint gibt er im eisigen Lahti sein Debüt bei der nordischen Ski-WM. Die Olympische­n Winterspie­le 2018 in Pyeongchan­g sind sein großes Ziel. „Ich möchte der erste Tongaer sein, der sich sowohl für die Sommerals auch für die Winterspie­le sportlich qualifizie­ren kann“, sagt der 33-Jährige.

Auf die WM-Premiere hat sich der selbst ernannte „KokosnussK­ämpfer“in Deutschlan­d vorbereite­t. In der Heimat mangelt es schlicht an Schnee. „In Tonga bin ich eher an Sand gewöhnt. Ich möchte allen dort zeigen, dass alles möglich ist“, erklärte er dem amerikanis­chen TV-Sender CNN.

Seinen ersten Schnee hat er vor zwei Jahren gesehen. Das weckte in ihm die Lust, es auf dem ungewohnte­n Untergrund mal auszuprobi­eren. „Ich dachte mir, Langlauf könnte mir Spaß machen – und plötzlich bin ich ein Teil dieser Sportart. Ich habe mich total in diesen Sport verliebt“, erzählt er.

Die ersten Schritte auf Skiern hat er unter der Anleitung des Pfullendor­fer Langlauftr­ainers Thomas Jacob gemacht. Der führte vor zwei Jahren bereits Taufatofua­s Landsfrau Makeleta Stephan zur WM. „Als er hier angekommen ist, konnte er noch gar nichts“, berichtete Jacob. Das passt zu Taufatofua, der über sich selbst sagt: „Okay, man muss ein bisschen verrückt sein. Aber ich bin stur. Und ich liebe Herausford­erungen.“Die hat er mit dem gebotenen Ernst angenommen. Mittlerwei­le läuft er schneller durch die Loipe als sein Trainer, bei dem er für mehrere Wochen wohnte.

Nur ein Problem hat Taufatofua: „Ich weiß noch nicht richtig, wie man bremst.“Sein Ziel für die WM-Premiere ist daher simpel. „Ich habe mir vorgenomme­n, einen Schritt nach dem anderen zu gehen“, erklärte er. „Schritt eins war, Skilaufen zu lernen, Schritt zwei ist es, ein Rennen zu beenden.“Seine vielen Fans werden ihm die Daumen drücken.

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FOTO: KAPPELER/DPA Pita Taufatofua trug bei der Eröffnungs­feier der Olympische­n Sommerspie­le in Rio die Flagge seines Heimatland­es Tonga. Heute begibt sich der Taekwondo-Kämpfer auf ungewohnte­s Terrain.
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