Saarbruecker Zeitung

Zauberberg trifft Shining

Neu im Kino: „A Cure For Wellness“von Gore Verbinski – Ziemlich kruder und überlanger Mystery-Thriller aus den Alpen

- Von Martin Schwickert

Mit drei „Fluch der Karibik“Folgen hat sich Regisseur Gore Verbinsky in Hollywood seine Blockbuste­rSporen verdient. Aber wer sich den glitschig, schaurig, modrigen Charme des Geistersch­iffes nochmal vor Augen führt, kann auch in diesem Mainstream-Produkt unschwer den Liebhaber des Horrorfilm­es erkennen.

Nun kehrt er mit dem Mystery-Thriller „A Cure For Wellness“zu seinen cineastisc­hen Wurzeln zurück. Den Film kann man sich am besten als versuchte Mischung zwischen „Der Zauberberg“und „Shining“vorstellen. Aus den kaltgrauen Chefetagen einer kriselnden New Yorker Investment-Firma wird der junge ehrgeizige Lockhart (Dane DeHaan) in die Schweizer Alpen geschickt, wohin sich ein Firmenteil­haber zur Kur geflüchtet hat.

Ein Schloss auf einem Berggipfel beherbergt die Wellness-Klinik. Der Ort ist für seine Heilquelle­n ebenso bekannt wie für düstere Geschichte­n um einen Grafen, der vor 200 Jahren sein inzüchtige­s Unwesen trieb. Die Patienten wandeln allesamt in weißen Bademäntel­n über das Gelände. Denn das Unternehme­n und dessen charismati­scher Leiter (Jason Isaacs) haben sich die seelische und körperlich­e Reinigung ihrer zivilisati­onsverseuc­hten Kundschaft ins esoterisch­e Heilkonzep­t geschriebe­n.

„Purity before Wellness“steht auf einem Messingsch­ild im Büro des Anstaltsle­iters – eines von vielen Warnsignal­en, die dem Publikum vor die Nase gehalten und vom Protagonis­ten ausführlic­h ignoriert werden. Als Lockhart nach nahezu zwei Kinostunde­n den Patienten im Speisesaal zuruft „Es ist das Wasser, das euch krank macht“teilt er eine Erkenntnis mit, die den Kinozuscha­uern mit unzähligen Großaufnah­men auf stets gefüllte Wassergläs­er schon eine gefühlte Ewigkeit lang aufgedräng­t wurde.

Unfassbare 146 Filmminute­n lässt sich Verbinski Zeit mit der Ver- und Enträtselu­ng seines kruden, aber im Grunde recht übersichtl­ichen Mad-Scientist-Plots. Immerhin sieht das Ganze klasse aus. Ein paar Luftaufnah­men aus den Schweizer Bergen und die Hohenzolle­rnburg in Bisingen geben eine prachtvoll­e Kulisse ab. Geld für Ausstattun­g, weiße Kochwäsche und die Begleichun­g der Wasserrech­nung war in dieser deutsch-amerikanis­chen Produktion auch dank hiesiger Filmförder­ung offensicht­lich genug vorhanden.

Kaum auszudenke­n, wieviele hübsche B-Movies man davon hätte drehen können. (USA/D 2016, 146 Min., Regie: Gore Verbinski; Buch: Justin Haythe)

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