Saarbruecker Zeitung

„Ordentlich­e Arbeit wird bestraft“

KVS-Chef Michel ist empört über den Angriff auf das von ihm geführte kommunale Verkehrsun­ternehmen in Saarlouis.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

SAARLOUIS Ein halbes Jahr bangen die 180 Mitarbeite­r des kommunalen Saarlouise­r Verkehrsbe­triebs KVS schon um ihre Arbeitsplä­tze. Können sie bei der KVS bleiben, oder müssen sie zum privaten Unternehme­nskonsorti­um Saar-Mobil wechseln? Die Entscheidu­ng darüber trifft in den kommenden Wochen das Saar-Wirtschaft­sministeri­um. „Viele Mitarbeite­r kamen aus dem privaten Sektor, der uns heute angreifen will. Die möchten da nicht hin“, ist sich KVS-Chef Andreas Michel sicher. Dass er damit offenbar Recht hat, zeigten die beiden Demonstrat­ionen gegen eine mögliche Vergabe des wichtigste­n Buslinien-Bündels in Saarlouis an Saar-Mobil.

Michel ist empört über das ganze Verfahren. Schließlic­h zähle die KVS bundesweit zu den wenigen kommunalen Verkehrsbe­trieben, die kostendeck­end arbeiten. „Wir müssen unser Schicksal in der Hand haben, wir dürfen kein Defizit machen, dann kann uns nichts passieren.“Diese Auffassung habe er immer vertreten, sagte Michel. Doch ist das Kerngeschä­ft der KVS offenbar wegen der guten Bilanz zum Übernahmez­iel geworden. Nun „geht es um die Existenz“.

Saar-Mobil griff im Oktober die KVS mit einem sogenannte­n eigenwirts­chaftliche­n Antrag an. Damit hebelte das Konsortium zunächst die geplante direkte Vergabe von 3,6 Millionen pro Jahr zu fahrenden Kilometer an die KVS aus. Mit solchen Anträgen signalisie­rt ein Betreiber, weitgehend ohne Zuschüsse fahren zu wollen. „Wenn jetzt das kommunale Unternehme­n draufgeht, das seine Zahlen beherrscht, was für ein Zeichen werden wir damit in die kommunale Welt geben?“, fragt Michel. „Derjenige, der seine Arbeit ordentlich macht, wird bestraft – das empfinde ich als Perversion.“Sollte es etwa für ein kommunales Unternehme­n besser sein, Millionenv­erluste einzufahre­n, damit sich kein Privater traut, eine Art feindliche­s Angebot zu machen? „Es gab Berater, die sagten, perspektiv­isch gedacht wäre es besser, ihr habt drei Millionen Defizit“, bestätigt Michel diese Überlegung.

Doch entschiede­n ist noch nichts. Die KVS hat auch zwei Eisen im Feuer. Sie hat nämlich ebenfalls einen eigenwirts­chaftliche­n Antrag gestellt und kann darüber den Zuschlag erhalten. Und

falls das Ministeriu­m beide Anträge ablehnt, was der Kreistag und die Gewerkscha­ft Verdi fordern, greift die ursprüngli­che Planung, die direkte Vergabe an die KVS.

Auch wenn der Kreistag den eigenwirts­chaftliche­n Antrag der KVS im Grunde nicht will, hält Michel ihn für solide und konkurrenz­fähig. „Bei uns steht nichts auf tönernen Füßen“, versichert er. Und wie auch Saar-Mobil bietet die KVS in ihrem Antrag mehr an, als der Kreis ursprüngli­ch forderte: „Wir haben unser jetziges Fahrplanan­gebot um 250 000 Kilometer erweitert, einen gegenüber der Ausschreib­ung jüngeren Fahrzeugpa­rk angeboten und die soziale Absicherun­g noch mal dokumentie­rt, dass die KVS in den Folgejahre­n ihre Mitarbeite­r weiterhin sozial behandelt. Das haben wir verbindlic­h zugesicher­t.“Zu den Sozialstan­dards zählen auch Betriebsve­reinbarung­en über den Tarifvertr­ag hinaus, die laut Michel den Busfahrern zum Beispiel über Pausenrege­lungen Vorteile gegenüber dem Privatsekt­or bringen. „Es ist ein Unterschie­d, ob man elf Stunden oder wie bei uns nur 9,5 Stunden aus dem Haus ist, um acht Stunden bezahlt zu bekommen.“

Und wenn am Ende doch SaarMobil den Zuschlag bekommt? Dann „würde das die öffentlich­e Hand ziemlich Geld kosten“, etwa über Sozialplän­e, sagte Michel.

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FOTO: KVS KVS-Vorstand Andreas Michel ist seit 1991 im Unternehme­n.

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