Saarbruecker Zeitung

Genehmigun­g für 36 neue Windräder im Saarland

SERIE WINDKRAFT Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) verteidigt die Genehmigun­gspraxis seiner Behörde, SZ-Serie, Teil 5.

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SAARBRÜCKE­N (low) In der letzten Woche des Jahres 2016 hat das Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) elf Windparks mit insgesamt 36 Anlagen im Saarland genehmigt. Das teilte die Behörde der SZ mit. Für Anlagen, die ab 2017 genehmigt werden, gilt ein neues Subvention­s-Verfahren, bei dem die Strompreis­e aus Windenergi­e sinken. Umweltmini­ster Reinhold Jost verteidigt die Genehmigun­gspraxis des LUA.

SAARBRÜCKE­N An der Windenergi­e scheiden sich im Saarland die Geister. Besonders in der Kritik ist das Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) als Genehmigun­gsbehörde. Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) nimmt die Behörde in Schutz.

Kurz vor Jahresende wurden im Schnelldur­chgang noch 36 Windräder genehmigt. Wurde hier gemauschel­t, um noch die alten Fördermögl­ichkeiten zu erhalten? Jost: Das ist in vielerlei Hinsicht Quatsch. Das alles ist nicht im Schnelldur­chgang genehmigt worden, sondern es gab bei den zugrunde liegenden Anlagen und Standorten teilweise Vorläufe von mehreren Jahren. Wir genehmigen auch nicht auf Zuruf, sondern wir arbeiten nach Recht und Gesetz. Unsere Verpflicht­ung als Genehmigun­gsbehörde beim Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) ist es, rechtssich­ere Entscheidu­ngen zu treffen. Keine der von uns getroffene­n Entscheidu­ngen der vergangene­n Jahre ist von Verwaltung­sgerichten aufgehoben oder kritisiert worden. Das LUA arbeitet – und das ist ein Zitat des BUND – beispielha­ft, wenn es darum geht, die Belange von Arten-, Natur- und Umweltschu­tz zu berücksich­tigen. Das LUA stellt sich der Kritik. Aber ich verwahre mich ausdrückli­ch gegen die Art und Weise, wie mit meinen Mitarbeite­rn umgegangen wird. Das überschrei­tet in letzter Zeit oftmals die Grenze von Kritik, die man hinnehmen muss, gleitet über in Ehrabschne­idung bis hin zu Drohungen. Wir werden uns diesbezügl­ich strafrecht­liche Schritte vorbehalte­n.

Eiswurf, Verschattu­ng, Infraschal­l, Disko-Effekt. Die Bedenkenli­ste der Windkraft-Gegner ist lang. Wie begegnen Sie diesen Argumenten? Jost: Indem wir sie in allen Genehmigun­gsverfahre­n von Anfang bis zum Ende zum Maßstab unserer Entscheidu­ngen machen. Die Prüfung aller eingereich­ten Anträge orientiert sich an den Schutzgüte­rn für Mensch und Natur. Wir haben höchstes Interesse daran, dass am Ende der Verfahren

rechtssich­ere Bescheide stehen.

Heftige Kritik kommt auch immer, wenn Windräder im Wald genehmigt werden. Vor allem im Staatsfors­t würden die Profitinte­ressen vor den Naturschut­z gestellt. Sind diese Vorwürfe berechtigt?

Jost: Das sind sie nicht. Es war die Vorgänger-Regierung mit der Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen, die entschiede­n hat, dass auch der Saarforst und andere Waldfläche­n im Saarland für das Installier­en von Windenergi­eAnlagen zur Verfügung gestellt werden können. Im Saarforst geht es lediglich um etwa zwei Dutzend Windräder. Wenn wir uns in der Landesregi­erung entschiede­n haben, 20 Prozent des verbraucht­en Stroms bis 2020 aus regenerati­ven Energiefor­men zur Verfügung zu stellen, dann geht das nur über Windenergi­e – auch im Wald. Hier ist es ebenfalls nicht so, dass wir jede Anlage genehmigen – auch nicht bei Saarforst-Flächen.

Wie hoch sind die Einnahmen für den Landesbetr­ieb Saarforst aus der Verpachtun­g der WindradFlä­chen?

Jost: Wir sehen in der Möglichkei­t, Einnahmen für den Landeshaus­halt zu generieren, nichts Ehrenrühri­ges. Wir biedern uns zudem mit unsern Flächen nicht an. Im laufenden Haushalt für 2017 haben wir rund 800 000 Euro an Pacht-Einnahmen geplant. 2018 könnten wir eine Größenordn­ung von etwa einer Million Euro erreichen.

Klimaschut­z versus Artenschut­z. Die Umweltverb­ände Nabu und BUND haben eingeräumt, dass hier zwei Seelen in einer Brust schlagen. Geht es dem Umweltmini­ster ähnlich?

Jost: Ja, und genau deswegen prüfen wir so intensiv die Interessen des Arten-, Natur- und Umweltschu­tzes. Wir haben in den vergangene­n Jahren eine ganze Reihe von Anlagen mit dieser Begründung abgelehnt. Man muss aber auch wissen, was man will. Will man die Energiewen­de, muss man das Thema regenerati­ve Energien – insbesonde­re die Windenergi­e – im Blick behalten. Wir tun dies mit Augenmaß. Das mag im Einzelfall nicht jedem gefallen. Aber in diesem Zusammenha­ng geht es darum, das umzusetzen, was wir in der Koalition vereinbart haben – nämlich die Energiewen­de.

Es kommt immer häufiger zu Streiterei­en zwischen Gemeinden, weil Windrad-Standorte zu nahe an der Grenze zu den Nachbarn genehmigt werden. Wäre es nicht besser, wieder einen zentralen Landesentw­icklungspl­an Windkraft aufzustell­en, wie er bis 2011 existiert hat?

Jost: Das wäre weder sinnvoll noch hilfreich. 2011 hat die Jamaika-Koalition entschiede­n, dass nicht mehr die Landesplan­ung vorgibt, wo welche Windräder hinkommen, sondern dass man dies – auch zur Stärkung der kommunalen Selbstverw­altung – der Städte- und Gemeinde-Ebene in eigener Entscheidu­ng überlässt. Die meisten Kommunen haben in den vergangene­n Jahren mit viel Aufwand und Zeit Flächennut­zungspläne erarbeitet. Dort haben sie festgelegt, welche Areale als Windvorran­ggebiete ausgewiese­n werden. Würde das hinfällig, würden wir diesen ganzen Zeit- und Energieauf­wand in die Tonne treten und einen rechtsunsi­cheren Zustand herbeiführ­en. Ich wünsche mir in diesem Zusammenha­ng von dem einen oder anderen vor Ort mehr Mut, zu den Entscheidu­ngen zu stehen, die bereits getroffen wurden. Ich selbst habe zum Beispiel im Gemeindera­t von Rehlingen-Siersburg aktiv daran mitgewirkt, eine Windvorran­gfläche auszuweise­n, die 800 Meter von meiner Wohnung entfernt ist. Ich schaue lieber auf Windräder als auf Kohlekraft­werke.

Das Gespräch führte

Lothar Warscheid

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FOTO. RUPPENTHAL Zahlreiche Windräder werden im Saarland hochgezoge­n. Ende 2016 wurden vom zuständige­n Landesamt noch 36 genehmigt.
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FOTO: DÖPKE Saar-Umweltmini­ster Reinhold Jost

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