Saarbruecker Zeitung

Nathans Kinder lieben und stiften Frieden

Das Theater Überzwerg zeigt ein brandaktue­lles Stück für Kinder ab zehn Jahren. ,,Nathans Kinder" beschäftig­t sich mit Religionsk­riegen.

- VON SUSANNE BRENNER

SAARBRÜCKE­N. Politisch, moralisch, brandaktue­ll: Das neue Stück, das gerade beim Theater Überzwerg in die Endproben geht, nimmt ein heißes Eisen in die Hand und versucht, es auf für Kinder fassbare Temperatur herunterzu­kühlen. „Nathans Kinder“von Ulrich Hub behandelt die Themen Intoleranz, Rassismus und religiöse Gewalt. „Es ist ein hochpoliti­sches und super aktuelles Stück“, sagt auch Regisseuri­n Lejla Divanovic im Gespräch mit der SZ.

„Nathans Kinder“spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge und basiert auf der Ring-Parabel aus „Nathan der Weise“von Gotthold Ephraim Lessing. 250 Jahre hat das Stück auf dem Buckel, und sein Inhalt ist aktueller denn je.

Erzählt wird vom jüdischen Mädchen Recha und dem jungen Kreuzritte­r Kurt, die sich inmitten der Grausamkei­ten der Glaubenskr­iege ineinander verlieben und damit die Vertreter aller drei Weltreligi­onen gegen sich aufbringen – und am Ende versöhnen; wir sind ja schließlic­h im Kinderthea­ter.

Wie bringt man ein solches Thema für Kinder verständli­ch und nicht beängstige­nd rüber? „Als ich den Text das erste Mal alleine für mich gelesen habe, empfand ich ihn düsterer. Aber schon bei der ersten Leseprobe zeigte sich der Wortwitz“, erzählt Lejla Divanovic. Und den arbeite sie gezielt heraus. „Recha ist wirklich unsere Heldin, die mit Frechheit und Mut zeigt, wie man diesen Jahrhunder­te alten Konflikt auflöst.“

Und: „Niemand ist nur böse, böse, böse.“Auch nicht die Vertreter der drei zerstritte­nen Weltreligi­onen. Die lässt Bühnen- und Kostümbild­nerin Julia Theel als staubige, graue, alte Herren auflaufen. Der Sultan, der Bischof, der Rabbi: „Sie sind in ihrer Intoleranz und in ihrem Machtanspr­uch gleich“, sagt Theel. „Die drei grauen Herren

Lejla Divanovic nehmen sich sehr ernst, sagen auch krasse Sache. Aber wir brechen das“, ergänzt Divanovic.

Das Regie-Team Divanovic/ Theel ist ganz neu am Theater Überzwerg. Und es ist ein doppelter Zufall, der die beiden jungen Frauen nach Saarbrücke­n brachte. Zum einen kannte die Theaterpäd­agogin Elke Kremer Lejla Divanovic, weil sie an der gleichen Schule studiert hatten und brachte ihren Namen ins Gespräch.

Der zweite Grund ist romantisch­er Natur: Die Regisseuri­n ist verheirate­t mit Jan Gebauer – und der war, Überzwerge-Fans werden sich noch erinnern, vor vielen Jahren ein herausrage­nder Eleve des Theaters. Heute ist er gestandene­r Schauspiel­er, engagiert am Stadttheat­er Ingolstadt – und Vater einer vier Monate alten Tochter, die dafür sorgt, dass Lejla Divanovics Probenpaus­en strikt nach den Hunger-Gefühlen ihrer kleinen Tochter getaktet sind.

Dabei ist das Saarbrücke­r Engagement sowohl für Divanovic als auch für Julia Theel eine Rückkehr auf die Theaterbüh­ne. Denn beide arbeiten seit geraumer Zeit eigentlich in anderen Berufen. Zum einen aus Interesse – Lejla Divanovic wollte „nochmal was lernen“, wie sie sagt, und studierte nach zehn Jahren Theaterarb­eit Medien- und Kulturwiss­enschaft. Heute konzipiert sie die Architektu­r von Ausstellun­gen.

Julia Theel studierte Bühnenund Kostümbild­nerin in Groningen in den Niederland­en, war Assistenti­n an der Semper-Oper und in Nürnberg. „Aber es ist schwierig für junge Bühnenbild­ner und Regisseure, unterzukom­men“, sagt sie. Durch einen Zufall sprang Julia Theel bei einer Gastspielr­eise der Nürnberger Oper in Peking in der Requisite ein, stellte fest, dass ihr das gefiel, und blieb.

Aber jetzt machen beide mit sichtbarem Vergnügen mal wieder Theater. Für die Überzwerge ist „Nathans Kinder“eine Groß-Produktion. Fünf Darsteller auf der Bühne, das gibt es hier nicht alle Tage. „Es ist eine sehr politische Spielzeit bei uns“, sagt Überzwerge-Pressespre­cher Christoph Dewes. Das Kinder- und Jugendthea­ter mischt sich mit Stücken wie „Denk ich an D“oder „Ich und Du“intensiv in die aktuellen gesellscha­ftlichen Debatten und Themen ein.

Bei „Nathans Kinder“siegt am Ende dank des frechen, starken Mädchens Recha die Hoffnung. Und die wirkliche Welt? „Wer ein Optimist ist, hat immer Hoffnung“, sagt Julia Theel.

,,Niemand ist nur böse,

böse, böse.’’

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