Nathans Kinder lieben und stiften Frieden
Das Theater Überzwerg zeigt ein brandaktuelles Stück für Kinder ab zehn Jahren. ,,Nathans Kinder" beschäftigt sich mit Religionskriegen.
SAARBRÜCKEN. Politisch, moralisch, brandaktuell: Das neue Stück, das gerade beim Theater Überzwerg in die Endproben geht, nimmt ein heißes Eisen in die Hand und versucht, es auf für Kinder fassbare Temperatur herunterzukühlen. „Nathans Kinder“von Ulrich Hub behandelt die Themen Intoleranz, Rassismus und religiöse Gewalt. „Es ist ein hochpolitisches und super aktuelles Stück“, sagt auch Regisseurin Lejla Divanovic im Gespräch mit der SZ.
„Nathans Kinder“spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge und basiert auf der Ring-Parabel aus „Nathan der Weise“von Gotthold Ephraim Lessing. 250 Jahre hat das Stück auf dem Buckel, und sein Inhalt ist aktueller denn je.
Erzählt wird vom jüdischen Mädchen Recha und dem jungen Kreuzritter Kurt, die sich inmitten der Grausamkeiten der Glaubenskriege ineinander verlieben und damit die Vertreter aller drei Weltreligionen gegen sich aufbringen – und am Ende versöhnen; wir sind ja schließlich im Kindertheater.
Wie bringt man ein solches Thema für Kinder verständlich und nicht beängstigend rüber? „Als ich den Text das erste Mal alleine für mich gelesen habe, empfand ich ihn düsterer. Aber schon bei der ersten Leseprobe zeigte sich der Wortwitz“, erzählt Lejla Divanovic. Und den arbeite sie gezielt heraus. „Recha ist wirklich unsere Heldin, die mit Frechheit und Mut zeigt, wie man diesen Jahrhunderte alten Konflikt auflöst.“
Und: „Niemand ist nur böse, böse, böse.“Auch nicht die Vertreter der drei zerstrittenen Weltreligionen. Die lässt Bühnen- und Kostümbildnerin Julia Theel als staubige, graue, alte Herren auflaufen. Der Sultan, der Bischof, der Rabbi: „Sie sind in ihrer Intoleranz und in ihrem Machtanspruch gleich“, sagt Theel. „Die drei grauen Herren
Lejla Divanovic nehmen sich sehr ernst, sagen auch krasse Sache. Aber wir brechen das“, ergänzt Divanovic.
Das Regie-Team Divanovic/ Theel ist ganz neu am Theater Überzwerg. Und es ist ein doppelter Zufall, der die beiden jungen Frauen nach Saarbrücken brachte. Zum einen kannte die Theaterpädagogin Elke Kremer Lejla Divanovic, weil sie an der gleichen Schule studiert hatten und brachte ihren Namen ins Gespräch.
Der zweite Grund ist romantischer Natur: Die Regisseurin ist verheiratet mit Jan Gebauer – und der war, Überzwerge-Fans werden sich noch erinnern, vor vielen Jahren ein herausragender Eleve des Theaters. Heute ist er gestandener Schauspieler, engagiert am Stadttheater Ingolstadt – und Vater einer vier Monate alten Tochter, die dafür sorgt, dass Lejla Divanovics Probenpausen strikt nach den Hunger-Gefühlen ihrer kleinen Tochter getaktet sind.
Dabei ist das Saarbrücker Engagement sowohl für Divanovic als auch für Julia Theel eine Rückkehr auf die Theaterbühne. Denn beide arbeiten seit geraumer Zeit eigentlich in anderen Berufen. Zum einen aus Interesse – Lejla Divanovic wollte „nochmal was lernen“, wie sie sagt, und studierte nach zehn Jahren Theaterarbeit Medien- und Kulturwissenschaft. Heute konzipiert sie die Architektur von Ausstellungen.
Julia Theel studierte Bühnenund Kostümbildnerin in Groningen in den Niederlanden, war Assistentin an der Semper-Oper und in Nürnberg. „Aber es ist schwierig für junge Bühnenbildner und Regisseure, unterzukommen“, sagt sie. Durch einen Zufall sprang Julia Theel bei einer Gastspielreise der Nürnberger Oper in Peking in der Requisite ein, stellte fest, dass ihr das gefiel, und blieb.
Aber jetzt machen beide mit sichtbarem Vergnügen mal wieder Theater. Für die Überzwerge ist „Nathans Kinder“eine Groß-Produktion. Fünf Darsteller auf der Bühne, das gibt es hier nicht alle Tage. „Es ist eine sehr politische Spielzeit bei uns“, sagt Überzwerge-Pressesprecher Christoph Dewes. Das Kinder- und Jugendtheater mischt sich mit Stücken wie „Denk ich an D“oder „Ich und Du“intensiv in die aktuellen gesellschaftlichen Debatten und Themen ein.
Bei „Nathans Kinder“siegt am Ende dank des frechen, starken Mädchens Recha die Hoffnung. Und die wirkliche Welt? „Wer ein Optimist ist, hat immer Hoffnung“, sagt Julia Theel.
,,Niemand ist nur böse,
böse, böse.’’