Ihle hat wieder mal die Nerven nicht im Griff
Im kanadischen Calgary hat der beste deutsche Eissprinter die Riesenchance auf den WM-Titel im Sprint-Vierkampf vergeben.
CALGARY (dpa) Nico Ihle stand der Ärger ins Gesicht geschrieben. Immer wieder schüttelte er den Kopf. „Es ist wie verflixt. Das ist so bitter“, sagte er fassungslos. Ein gravierender Patzer im 500-MeterRennen hat dem Chemnitzer in Calgary den Premieren-Titel bei Sprint-Weltmeisterschaften der Eisschnellläufer gekostet. „Ich bin in der Innenkurve im Eis regelrecht eingebrochen, habe rumgerudert und hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben“, schilderte der 31-Jährige die entscheidende Situation in der Nacht zu Montag.
Nach mäßigen 35,03 Sekunden fiel er im Sprint-Vierkampf auf Endplatz acht zurück, mit dem er trotz seines deutschen Rekordes von 136,855 Punkten überhaupt nicht zufrieden sein konnte. „Das ist nicht mein Anspruch. Ich wollte eine Medaille. Vielleicht habe ich zu viel gewollt“, sagte er.
So glänzend waren seine Chancen nach dem ersten Tag, als ihn auf Platz zwei liegend nur elf Hundertstel von der Top-Position trennten. „Als ich dann sah, wie sich Kai Verbij über 1000 Meter einen Schnitzer leistete, ist mir erst richtig klar geworden, wie groß meine Chance war“, bedauerte Ihle. Der Niederländer verbesserte schließlich den 14 Jahre alten Weltrekord des Kanadiers Jeremy Wotherspoon um 1,2 Zähler auf 136,065 Punkte und holte sich nach EM- auch das WM-Gold.
Wäre Ihle nur annähernd in den Bereich seiner deutschen Rekorde vom Vortag (34,37 über 500 und 1:17,16 über 1000 Meter) gekommen, wäre ihm der zweite Titel eines Deutschen – 46 Jahre nach Erhard Keller – nicht zu nehmen gewesen. So aber musste er sich mit dem Gewinn von WM-Silber über 500 Meter zwei Wochen zuvor bei der Einzelstrecken-WM in Gangneung trösten. „Diese Medaille kann mir keiner mehr nehmen. Entscheidend ist jetzt Olympia in einem Jahr. Meine Ausgangsposition ist besser als je zuvor“, meinte er noch immer traurig.
Nicht zum ersten Mal vergab er so eine große Chance. Vor zwei Jahren lag er in Astana auf Medaillenkurs, als ihn ein umstrittener Fehlstart aus der Spur brachte. Im Vorjahr war er in Seoul als Vierter am Podest vorbei geschlittert. Offenbar hatten seine Nerven dem Druck auch diesmal nicht ganz standgehalten. „Schade für Nico, Fehler im 500-Meter-Lauf, und die 1000 Meter ist er danach zu verkrampft angegangen. Dadurch kam keine Knallerzeit zustande. Es bleibt eine Enttäuschung“, erklärte der verantwortliche Trainer Danny Leger, während sich Ihles Heimtrainer Klaus Ebert zu Hause über die verpasste Chance seines Musterschülers ärgerte.
Ein gutes WM-Debüt feierte Joel Dufter mit den Rängen sieben und acht nach persönlichen Bestzeiten über 1000 Meter. In 35,00 Sekunden war er auf den zweiten 500 Metern sogar schneller als Ihle und beendete den Vierkampf auf Platz 16. „Er ist eine sensationelle WM gelaufen“, sagte Leger.