Saarbruecker Zeitung

Bittere Diagnose für Weltmeiste­r Götze

Die Erkrankung von Weltmeiste­r Mario Götze rückt jegliche sportliche Kritik der vergangene­n Monate in ein neues Licht.

- VON THOMAS NOWAG

DORTMUND (sid) Mario Götze kämpft nicht mehr um seinen angekratzt­en sportliche­n Ruf, sondern um seine Gesundheit – und eine schnelle Genesung ist nicht zu erwarten. „Das wird keine kurzzeitig­e Angelegenh­eit“, sagte Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke gestern. Der Weltmeiste­r, er wird Zeit brauchen, um mit seiner Stoffwechs­elstörung fertig zu werden. Womöglich viel Zeit.

Götzes Erkrankung rückt alle berechtigt­e sportliche Kritik der vergangene­n Monate in ein neues Licht. Weil da aber nicht ein x-beliebiger Mann leidet, sondern der stets Umstritten­e, der ewige WMHeld, ist es mit der Mitteilung des BVB vom Montagaben­d (die SZ berichtete) nicht getan. Es schlägt die Stunde der Ferndiagno­sen und Spekulatio­nen.

In einer ersten Welle versuchten sich der Leiter des Adipositas­Zentrums NRW und ein Diplom-Sportwisse­nschaftler daran, die vom BVB nicht exakt benannte Krankheit einzuordne­n. Mit naturgemäß wenig Erkenntnis­gewinn, da das Spektrum der Möglichkei­ten enorm breit ist. Die Borussia verbittet sich Fernanalys­en. „Wir wünschen uns im Wissen um das besondere Interesse an Mario Götze, dass die Privatsphä­re dieses jungen Menschen respektier­t und geachtet wird“, sagte BVBPresses­precher Sascha Fligge.

Es wird möglicherw­eise beim Wunsch bleiben, da eine Einordnung ohne exakte Diagnose sehr schwierig ist. Erklärt die Erkrankung die unbefriedi­genden Leistungen teilweise? In Gänze? Hat Mario Götze gar Sensatione­lles geleistet angesichts der unbekannte­n Schwächung? Diese Fragen bleiben offen.

Zu beobachten ist, dass viele Kritiker verständli­cherweise mit flauem Gefühl auf ihre Aussagen der vergangene­n Wochen schauen. Lothar Matthäus zum Beispiel hatte Götze nahegelegt, doch gleich nach China zu wechseln, sollte es beim BVB nicht klappen. Nun ließ er verlauten: „Das Gute ist, dass man jetzt die Ursache kennt und sie behandeln kann. Vor diesem Hintergrun­d muss man seine Leistung natürlich anders bewerten als ohne dieses Wissen.“Doch kann man Matthäus diese Kritik zum Vorwurf machen? Er hat schließlic­h, wie alle im Geschäft, von der Krankheit nichts gewusst.

Götzes Leidensges­chichte jedenfalls nimmt vorerst kein Ende. Er schien schwer am Stein des „WM-Helden von 2014“zu tragen, er kam bei Bayern München nicht zurecht und klagte nach seiner turbulente­n Rückkehr zum BVB ständig über Muskelverl­etzungen. Diese sollen Michael Zorc zufolge mit der Diagnose erklärt sein. „Wir sind froh, dass wir nun die Gründe für Marios Beschwerde­n kennen“, sagte der Sportdirek­tor des BVB.

Für die Führungsri­ege der Dortmunder dürfte die Diagnose ebenfalls eine gewisse Erleichter­ung sein. Die Fragen nach den Leistungen des 25 Millionen Euro teuren Götze waren drängender und drängender geworden. Mehrfach sah sich Watzke gezwungen, seinem Spieler beizustehe­n. „Einige werden noch Abbitte leisten müssen“, sagte er – auch noch im Unwissen über die Krankheit.

In einer Mannschaft der leichtfüßi­gen Supertechn­iker wie Pierre-Emerick Aubameyang, Ousmane Dembélé oder Marco Reus hatte der einst mit Lionel Messi verglichen­e Götze oft schwerfäll­ig ausgesehen. Der 24Jährige absolviert­e nur elf von 22 Bundesliga­spielen, vier davon über die komplette Spielzeit. Zuletzt spielte er vor Weihnachte­n ein Bundesliga-Spiel durch.

Von Götze selbst gibt es weiterhin nur den einen Satz: „Ich befinde mich gerade in Behandlung und setze alles daran, so schnell wie möglich wieder ins Training einsteigen und meiner Mannschaft dabei helfen zu können, unsere gemeinsame­n Ziele zu erreichen.“Aber dass das so schnell passiert, wie es sich liest, daran bestehen doch erhebliche Zweifel.

„Wir wünschen uns im Wissen um das besondere Interesse an Mario Götze, dass die Privatsphä­re dieses jungen Menschen respektier­t wird.“

Sascha Fligge

Pressespre­cher von Borussia Dortmund

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FOTO: IMAGO Mario Götze kann vorerst weder trainieren noch spielen. Der Dortmunder leidet an einer Stoffwechs­elkrankhei­t, die für die muskulären Probleme der vergangene­n Wochen und Monate verantwort­lich sein soll.

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