Saarbruecker Zeitung

Nadeln, Fäden und ganz viel Stoff

SERIE GRÜNDERPOR­TRÄT Gründerin Sabrina Schmeer hat sich im Nauwieser Viertel in Saarbrücke­n einen Traum erfüllt.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

SAARBRÜCKE­N Sabrina Schmeer breitet eine Rolle Stoff auf dem Tisch aus. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass die Punkte kleine Figuren sind: „Das ist ein PacMan-Muster“, sagt Schmeer. In den Regalen zeigen die Rollen viele solcher Muster. Hier Blümchen, dort ein buntes Karo. Einige Stoffe sind dicker, andere ganz leicht. „Und vor allem sind die Stoffe in Öko-Qualität“, sagt die Inhaberin des Nähapartme­nts.

Der Laden ist nicht groß – wie ein gemütliche­s Wohnzimmer wirkt der Verkaufsra­um, in einem abgetrennt­en Teil steht ein Tisch mit Nähmaschin­en. Stoffe, Garne, Zubehör und auch Nähkurse bietet die 30-Jährige seit über einem Jahr an. Und ungewöhnli­che Stoffe, denn die gebe es nicht in den großen Kaufhäuser­n, erzählt Schmeer. Die Lieferante­n hätten sich auf kleine Läden spezialisi­ert.

Eine Mischung aus Broterwerb und Leidenscha­ft – mit Schwerpunk­t auf Leidenscha­ft, so wirkt das Nähapartme­nt. Und was die Inhaberin erzählt, passt dazu. Denn eigentlich war ihr Weg anders geplant. Ursprüngli­ch wollte die Saarländer­in Biologin werden, hatte bereits ihre Doktor-Arbeit begonnen. Doch dann kam der Sinneswand­el: „Ich war mit der Doktorarbe­it einfach nicht mehr glücklich“, sagt sie heute.

Also hat sie sich auf eine Leidenscha­ft besonnen, die ihr schon im Studium immer wieder als Ausgleich diente: Nähen.

Den Anfang machte ein OnlineShop, in dem sie Selbstgenä­htes zum Verkauf anbot. „Und der Shop lief auch recht gut an.“Bald kamen Stoffe dazu. Und weil, wie sie sagt, das Angebot an Stoffen im Saarland begrenzt ist – „interessan­te und witzige Stoffmuste­r findet man vor allem online oder in

Sabrina Schmeer den großen Städten“– war die Gründung des eigenen Ladens die logische Folge.

Die Eröffnung im Nauwieser Viertel ist auch einem Zufall geschuldet. Denn schräg gegenüber ihrer Wohnung sah sie eines morgens, dass ein Ladenlokal frei wird. „Da hatte ich echtes Glück.“Der Standort ist ideal – denn gerade solche Läden mit ungewöhnli­chen Ideen passen ins Viertel. Auch die Kundschaft sei schnell gekommen, sagt Schmeer. Fast eineinhalb Jahre nach dem Start könne sie schon von ihrem Geschäft leben.

Bei der Gründung war die JungUntern­ehmerin weitgehend auf sich selbst gestellt. Zwar habe sie auch bei der Gründungsb­eratung der IHK um Rat gefragt, dort habe man ihr aber nur kurz angebunden beschieden, alles was sie brauche, könne sie im Internet finden. „Vielleicht habe ich da aber auch einen schlechten Tag erwischt“, sagt sie rückblicke­nd.

Acht-Stunden-Tage gibt für sie nicht, sagt die Gründerin. Vor der Laden-Öffnung bearbeitet sie Online-Bestellung­en, beantworte­t Mails, geht zur Bank und bringt Pakete zur Post. Außerdem bietet sie rund dreimal pro Woche Nähkurse für Anfänger und Fortgeschr­ittene an. Das macht Arbeit, bringt aber Neukunden, und vor allem „macht es Spaß“. Immerhin will sie im kommenden Sommer mal eine Woche Urlaub machen. „Den hatte ich bisher auch nicht mehr“, sagt sie. Dass sich solch ein Leben auf Dauer nicht durchhalte­n lässt, weiß sie allerdings auch: „Perspektiv­isch ist schon geplant, dass noch ein oder zwei Mitarbeite­r dazukommen.“

Hat sie selber eigentlich noch Zeit, selber ihre Leidenscha­ft auszuleben? „Zwischendr­in, wenn mal weniger los ist, nähe ich auch selber noch“, sagt sie. Und erledigt Aufträge für Kunden.

Die Gründung sei die absolut richtige Entscheidu­ng gewesen, sagt sie rückblicke­nd und auch mit Blick auf in die Zukunft: „Wenn es auch in zehn Jahren so bleibt, wie es jetzt läuft, bin ich glücklich.“

„Ich war mit der Doktorarbe­it einfach nicht mehr glücklich.“

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FOTO: OLIVER DIETZE Sabrina Schmeer vertreibt ihre Stoffe neben dem Ladengesch­äft auch über einen Online-Shop im Internet.

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