Kreativ gegen den Rechtsruck
Dokumentation zum Thema „Demokratie“im Angesicht der AfD-Erfolge im Südwesten.
SAARBRÜCKEN (ry) Im idyllischen Haßloch in Rheinland-Pfalz ist die Welt noch in Ordnung – könnte man meinen. Doch auch hier, in der ganz normalen Kleinstadt sind viele Menschen unzufrieden: Die Politiker seien unfähig, Probleme überall, die Verhältnisse ungerecht, so heißt es hier. Die Dokumentation fragt deshalb nach: Warum hängen manche Bürger nicht mehr allzu sehr an der Demokratie oder könnten sogar gleich ganz auf sie verzichten?
Haßloch ist überall: In Deutschland verliert die Demokratie an Vertrauen. Laut einer Studie bezweifeln 48 Prozent der Deutschen, dass das System zurzeit wirklich funktioniert. Und elf Prozent wünschen sich sogar ein Staatsoberhaupt, das das Land mit starker Hand regiert. Außerdem verlieren die Volksparteien nicht nur Mitglieder, sondern auch an Zustimmung. Das „Die da oben machen doch eh, was sie wollen“-Gefühl grassiert – und mit ihm der Protest gegen das Establishment. Wie konnte es zu diesem Vertrauensverlust kommen?
Um das herauszufinden, haben sich die Reporter ein halbes Jahr lang in Haßloch umgehört – in dem deutschen Städtchen, das sich trotz der 21 000 Einwohner selbst nostalgisch „Dorf“nennt. Es ist ein Ort, in dem die soziale Struktur der Gesamtdeutschen statistisch am ähnlichsten ist. Das Verhältnis von Arm und Reich, Jung und Alt kommt dem deutschen Durchschnitt hier sehr nahe. Viele neue Produkte werden deshalb in Haßloch getestet.
Jahrelang war alles wie immer: Mal regierte die SPD, mal die CDU, mal beide zusammen – in den Grundzielen war man sich einig. Doch bei der vergangenen Landtagswahl entschieden sich 18,8 Prozent für die AfD. Die Lokalpolitiker verstehen seither die Welt nicht mehr. Ausgerechnet im idyllischen Haßloch nahe der Deutschen Weinstraße sind die Menschen so unzufrieden? Bürgermeister Lothar Lorch hat seinen Schreibtisch auf den Marktplatz gestellt, um zu hören, was die Stadt für ihre Bürger tun kann. Die Politiker vor Ort wollen gegen diese Entwicklung kämpfen.
Der Film begleitet diejenigen, die ihre Wähler nicht aufgeben – und die nicht hinnehmen wollen, dass die repräsentative Demokratie plötzlich als verzichtbar behandelt wird. Sie lassen sich allerlei einfallen, um das Vertrauen ihrer Bürger zurückzuerobern: von Hausbesuchen bei Unzufriedenen über eine Bürgerbefragung zur Zukunft des Schwimmbads bis hin zum Bürgermeister-Büro auf dem Marktplatz. Manches geht gnadenlos schief, anderes überrascht und funktioniert viel besser als gedacht.
Demokratie – Wie denkt der Südwesten darüber?, 20.15 Uhr, SR/SWR