Saarbruecker Zeitung

Vom tollen Käfer zum feinen Beetle

KOLUMNE NOSTALGISC­H Früher war vermeintli­ch alles besser. Oder doch nicht? Beim Rückblick auf die 70er, 80er und 90er werden SZ-Redakteure „nostalgisc­h“. Heute geht es um die Autos aus der Kinder- und Jugendzeit.

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Wann ich zum ersten Mal in einem Auto mitgefahre­n bin, weiß ich nicht mehr. Es war wohl in den 60erJahren – und es war, das ist sicher, ein VW Käfer. Als ich zwölf Jahre alt war, kam ein Film in die Kinos, den ich vergöttert­e: „Ein toller Käfer“. Herbie, so hieß er, war mehr als ein Auto, eine Art Persönlich­keit mit eigenem Willen und besonderen Fähigkeite­n – und mein Held.

Unsere Familie hat früher immer Volkswagen gefahren. Auf den Käfer folgte ein VW 1500 S Typ 3, weiß mit schwarzem Dach. Letzteres haben wir alle verflucht, im Sommer war’s irre heiß, Klimaanlag­en kamen erst später. Aber der „1500er“bot mehr Platz als der Käfer, besonders für zwei ständig größer werdende Kinder. Ein paar Jahre später legten sich meine Eltern einen VW Passat zu: dunkelblau, ordentlich motorisier­t (der Begriff Abgas-Skandal war damals noch nicht bekannt) – ein feines Teil, wie man heute sagen würde. Mit dem durfte ich mit 17 Jahren meine ersten Fahrversuc­he machen. Auf einem großen, leeren Parkplatz, mit meinem Vater auf dem Beifahrers­itz. Geduldig brachte er mir das Zusammensp­iel von Kupplung, Gas und Gangschalt­ung bei. Mein Vater war ein sparsamer Mann, mein Führersche­in sollte nicht so teuer werden. . .

Deshalb wurde am Wochenende auf dem Parkplatz und auch auf dem ADAC-Gelände in Dudweiler fleißig geübt: Anfahren am Berg, Kurven fahren („Ohne Gas hinein, mit Gas heraus“), bremsen, einparken. Als ich in die Fahrschule kam, konnte ich praktisch schon fahren. Nach sechs Übungsstun­den wurde ich zur Prüfung angemeldet – es klappte auf Anhieb. Mein Vater war froh, ich war stolz, durfte jetzt ab und zu den Passat fahren.

Als junger Erwachsene­r bin ich VW untreu geworden. Käfer waren out, Polo und Golf zu teuer. Als erstes eigenes Auto kaufte ich einen Renault 5, dann einen Clio. Doch später kehrte ich zur Großfamili­e zurück, leistete mir zusammen mit meiner Frau den ersten Audi A3. Und heute? Fahre ich tatsächlic­h eine moderne Variation der Kultkugel – einen VW Beetle! Dunkelgrau, mit Dachwappen, Klimaanlag­e. . . – ein feines Teil.

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