Saarbruecker Zeitung

Er träumt den amerikanis­chen Traum, trotz allem

Warum der deutsche Liedermach­er Philipp Poisel sein aktuelles Nr. 1-Album „Mein Amerika“in Nashville aufgenomme­n hat.

- VON ROLAND MISCHKE

SAARBRÜCKE­N Er hat die großen Hallen bespielt, seine sehnsuchts­geladenen Lieder haben Tausende gerührt. Philipp Poisel, 1983 im schwäbisch­en Ludwigsbur­g geboren, 2007 von Herbert Grönemeyer entdeckt, der ihn für seine Plattenfir­ma Grönland engagierte. Es waren Lieder wie am Lagerfeuer: intime Herzensnot und Seelenqual­en, intensive Liebesgefü­hle und nachfolgen­der Liebeskumm­er, leise und melancholi­sch gesungen – manchmal war es aber ein bisschen zu viel an Gefühlssal­at, zu nahe am Schlager.

2008 erschien das Debüt „Wo fängt dein Himmel an?“, 2012 folgte das Live-Album „Projekt Seerosente­ich“, 19 sehr persönlich­e Lieder, begleitet von Streicherq­uartett und Klavier – es schoss auf Platz eins der deutschen Album-Charts. Dann wurde es ruhig um den Singer-Songwriter, der von sich selbst sagt, dass er in der Arbeit eher langsam sei.

Nun erscheint das Studio-Album „Mein Amerika“, zwölf Songs, von Poisel geschriebe­n, die meisten davon in Nashville aufgenommm­en. Die emotionale­n Pirouetten von früher hat Poisel hinter sich gelassen, das neue Album zeigt eine deutliche Weiterentw­icklung seines Stils. Der Mann, der einst allein mit seiner Gitarre begann, kommt uns nun mit einem neuen, satten Bandklang. Poisel spricht in der „Berliner Morgenpost“vom „amerikanis­chen Sound“, dem „Blues-Rock-Stil“. Er habe seiner Band mehr Freiraum gegeben, aber das Gerüst, Melodie und Text, stamme von ihm. Das ganze Album sei „Nashville-mäßig“durch das Einspielen in der Country-Hauptstadt, auch wenn die Texte nach wie vor deutschspr­achig sind.

Die Musik ist bewährt stimmungsv­oll, emotional aufgeladen, auch melancholi­sch, aber auf der Bühne sollen ihm die Songs künftig „mehr Spielräume“verschaffe­n, auch solche, „die ich noch gar nicht kenne“. Er sucht bei der anstehende­n Tournee nicht mehr nur den speziellen Moment zwischen dem Publikum und ihm, wenn es zur großen Verschwist­erung kommt, sondern auch die große Bühne, das Licht, die Show.

„Die aktuelle Brisanz der Politik“, stellt Poisel klar, werde nicht mit seiner Musik vermischt. Amerika sei es wert, „weiter geliebt zu werden. Wir sollten uns auch immer fragen, wo jetzt die schönen Seiten an Amerika zu finden sind“, meint er. Die Ideen zu den Songs gab es lange vor der Trump-Ära. Wenn er an Amerika denke, stelle sich ein besonderes Gefühl ein: „Das ist so eine Weite. Das Gefühl der Freiheit.“Amerika sei für ihn „so eine Melange aus vielem: Zum einen das Amerika, über das ein Adler fliegt, der sich frei fühlt, dann das Amerika aus meiner Kindheit. Das war immer das Land, wo aufregende Dinge passieren. Wo alles herkommt, was hip ist.“

Philipp Poisel besitzt eine Stimme, die gern gehört wird, hat Lieder, die gut ankommen, Themen, die vor allem jüngere Menschen interessie­ren, aber eben nicht nur. Liebe, Poisels Zentralthe­ma, geht über alle Altersgren­zen hinweg. Auch die Liebe zu Amerika. ............................................. Philipp Poisel: Mein Amerika

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FOTO: CHRISTOPH KOESTLIN Entweder ein besonders sinnender Blick von Philipp Poisel – oder das Nachtleben der Country-Hauptstadt Nashville ist ziemlich hart.
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