Saarbruecker Zeitung

Der Königstran­sfer fiebert jetzt schon mit

Der FC Homburg will mit Ex-Nationalsp­ieler Tobias Weis (31) hoch hinaus. Doch dessen Vertrag ab Sommer ist im Fall des Abstiegs hinfällig.

- VON RALPH TINÉ Neuzugang des FC Homburg

HOMBURG Mit der Verpflicht­ung von Tobias Weis für die kommende Saison hat der FC Homburg ein dickes Ausrufezei­chen hinter seine gestiegene­n Ambitionen gesetzt. 98 Spiele in der Bundesliga, 30 in der 2. Liga und ein Einsatz in der deutschen Nationalma­nnschaft (2009 beim 7:2-Testspiels­ieg gegen die Vereinigte­n Arabischen Emirate) – die sportliche Vita des Mittelfeld­akteurs kann sich sehen lassen. Wenn so jemand in die Regionalli­ga wechselt, liegt der Verdacht nahe, dass der jeweilige Verein dem Spieler nur als Sprungbret­t zurück in höhere Gefilde

Tobias Weis dienen soll. Bei Weis ist das anders. Er hat in Homburg für drei Jahre unterschri­eben.

„Es gibt keine Ausstiegsk­lausel in meinem Vertrag. Ich will hier nochmal drei Jahre alles aus mir heraushole­n und danach meine Karriere beenden. Es ist mein Ziel, mit dem FC Homburg nochmal eine Klasse höher zu spielen. Wenn im Sommer noch ein oder zwei gute Spieler dazu kommen, ist vieles möglich“, sagt der 31-Jährige.

Daraus, dass der Wechsel in die Regionalli­ga für einen Spieler, der zuletzt bis Sommer 2016 für den Zweitligis­ten VfL Bochum gespielt hat, einen sportliche­n Abstieg bedeutet, macht Weis keinen Hehl. „Natürlich denkt man auch daran, dass das die 4. Liga ist. Aber es geht mir letztlich um das Spiel Fußball. Ich habe ein Supergefüh­l bei der Sache, weil das Gesamtpake­t stimmt“, sagt der gebürtige Schwäbisch Haller, der FCHSportvo­rstand Angelo Vaccaro noch aus gemeinsame­n Zeiten beim VfB Stuttgart kennt, wo er in der Jugend und zweiten Mannschaft ausgebilde­t wurde.

Dass der FCH nach dem mit zwei Niederlage­n und einem Unentschie­den verpatzten Start in die Restrunde aktuell nur noch vier Punkte vor dem ersten möglichen Abstiegspl­atz 14 liegt, ist auch Weis nicht entgangen. Der bestätigt, dass sein Vertrag nur für die Regionalli­ga und höhere Klassen Gültigkeit besitzt. „Es ist natürlich klar, dass ich mitfiebere. Die Ergebnisse und Punkte müssen in den nächsten Wochen kommen“, sagt der Spieler. Auch Vaccaro sagt: „Wir tun gut daran, uns auf das Jetzt zu konzentrie­ren und die nötigen Punkte einzufahre­n.“

Nichtsdest­otrotz bastelt Vaccaro zusammen mit Trainer Jens Kiefer an einem Aufgebot, das in der nächsten Saison „oben mitspielen“soll. Vaccaro bestätigt, dass der Etat der nächsten Spielzeit höher sein wird: „Wir werden in der nächsten Saison mehr Geld vom Hauptspons­or zur Verfügung haben. Aber wir geben keine Zahlen nach außen.“Klar ist nur, dass Weis nicht der letzte Einkauf des FCH auf diesem Niveau sein soll. Schon die Winter-Neuzugänge Gevero Markiet und Kai Heerings hatten aufhorchen lassen.

Trainer Kiefer ist überzeugt, dass Mittelfeld­renner Weis trotz fehlender Spielpraxi­s in Homburg gleich eine Führungsro­lle übernehmen kann: „Da habe ich keine Bedenken. Das wird er schnell kompensier­en.“Weis, der bei Vertragsbe­ginn ein Jahr nicht gespielt haben wird, sieht das ähnlich: „Das geht nicht in drei Tagen. Aber wenn ich die Vorbereitu­ng absolviert habe, denke ich, dass ich dem Verein von Anfang an weiterhelf­en kann.“

In der öffentlich­en Wahrnehmun­g hat Weis mitunter noch immer keinen leichten Stand, weil eine Erfahrung ihm bis heute nachhängt. „Ich höre immer wieder, dass die Leute mich für einen schwierige­n Typen halten. Dann sage ich immer, lernt mich doch erst einmal kennen und urteilt dann.“Weis ist vielen Fußballint­eressierte­n als Teil der damaligen „Trainingsg­ruppe zwei“der TSG Hoffenheim in Erinnerung.

Nachdem er 2008 mit Hoffenheim, damals noch unter Trainer Ralf Rangnick, in die FußballBun­desliga aufgestieg­en war, wurde der Neu-Homburger 2013 als einer von acht Spielern von Trainer Markus Gisdol aussortier­t. Die Gruppe, zu der auch der frühere Nationalto­rwart Tim Wiese gehörte, musste unter schwierige­n sportliche­n Bedingunge­n von der Mannschaft getrennt trainieren und sollte zum Vereinswec­hsel gedrängt werden. Die Maßnahme war damals das Ergebnis einer völlig verfehlten Transferpo­litik in Hoffenheim und wurde deutschlan­dweit kontrovers diskutiert.

„Ich will hier nochmal drei Jahre alles aus mir heraushole­n und danach meine Karriere beenden.“

„Es ist ein bisschen zur Mode geworden bei Bundesliga­vereinen, Spieler, die sie nicht mehr wollen, so abzuschieb­en. Da fehlt mir etwas die Menschlich­keit bei manchem Verein. Wenn man sich anschaut, wo die meisten heute spielen, muss man sagen, dass es bei allen dadurch fast zum Karrierebr­uch kam“, sagt Weis.

Der heute 31-Jährige ließ sich im Januar 2014 zunächst an Eintracht Frankfurt ausleihen und wechselte später nach Bochum in die 2. Bundesliga, wo er bis Sommer 2016 blieb. Seither ist er vertragslo­s – und das auch noch bis Sommer 2017, ehe seine vermutlich letzte Station im Profifußba­ll beginnt. Für seinen früheren Teamkolleg­en Wiese war Hoffenheim dagegen bereits die letzte Station im Fußball. Der ehemalige Nationalsp­ieler legte seither gewaltig an Muskelmass­e zu, füllt die Klatschspa­lten in der Boulevardp­resse und tritt inzwischen als profession­eller Wrestler auf („the machine“). Tobias Weis bevorzugt dagegen die Arbeit mit dem Ball auf dem Rasen – ab Sommer im Trikot des FC Homburg.

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FOTO: IMAGO Seine beste und wohl auch schlimmste Zeit als Profi durchlebte Tobias Weis in Hoffenheim. Hier duelliert er sich mit Bayern-Star Frank Ribéry.

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