Saarbruecker Zeitung

Ruf nach harter Haltung Berlins gegen Erdogan

Der Streit um Auftritte türkischer Wahlkämpfe­r zieht Kreise. Die Niederland­e und die EU zeigen klare Kante, doch die Bundesregi­erung zögert.

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BERLIN/DEN HAAG/METZ (dpa/hem) Der Wahlkampf türkischer Politiker in Europa lässt die Emotionen hochkochen. Während die Auseinande­rsetzung zwischen den Niederland­en und der Türkei eskaliert, wird auch in Deutschlan­d der Ruf nach einem harten Kurs gegenüber Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan lauter. Der CSU-Politiker Florian Hahn forderte den Abzug der Bundeswehr vom türkischen Stützpunkt Incirlik. In der derzeitige­n „aufgeheizt­en Atmosphäre“scheine es zunehmend unsicher, ob die türkische Regierung den Schutz der deutschen Soldaten dort „umfassend gewähren kann und will“, sagte er. Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t unterstütz­te die Forderung und verlangte einen sofortigen Stopp von Waffenlief­erungen in die Türkei. Die Grünen-Abgeordnet­e Marieluise Beck kündigte an, einen von Erdogan verliehene­n Preis zurückzuge­ben, weil der Präsident der Bundesrepu­blik „Nazi-Methoden“vorgeworfe­n hatte.

Dagegen warnte die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung Aydan Özoguz (SPD) vor einer weiteren Zuspitzung des Konflikts. Es sei „gefährlich, wenn wir uns von Erdogan in diese Eskalation­sspirale hineinzieh­en lassen“, sagte sie. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) sprach sich zwar deutlich gegen Wahlkampf-Auftritte türkischer Politiker in Deutschlan­d aus. Es müsse jedoch klug abgewogen werden, „ob man jetzt Einreiseve­rbote verhängt“, sagte er.

Derweil tobt ein heftiger Streit zwischen Ankara und Den Haag. Die niederländ­ischen Behörden verhindert­en Auftritte der türkischen Minister Mevlüt Cavusoglu und Fatma Betül Sayan Kaya in Rotterdam. Nach dem Eklat drohte Präsident Erdogan gestern mit Sanktionen. „Sie werden den Preis dafür bezahlen“, sagte er an die Adresse der Niederland­e. Cavusoglu forderte bei einem Auftritt in Metz eine Entschuldi­gung der holländisc­hen Regierung. In Frankreich gab es Kritik an der Genehmigun­g für die Veranstalt­ung in Lothringen. Die Behörden verwiesen jedoch auf die Versammlun­gsfreiheit.

Anders die dänische Regierung: Sie sagte einen geplanten Besuch des türkischen Ministerpr­äsidenten Binali Yildirim ab. Derweil fährt die EU die im Rahmen der Beitrittsv­erhandlung­en vorgesehen­e Unterstütz­ung für die Türkei zurück. Nach Angaben des zuständige­n EU-Kommissars Johannes Hahn wurden Programme eingestell­t, die zuletzt nicht die erwünschte­n Fortschrit­te brachten.

„Die Niederland­e haben sich nicht wie ein Rechtsstaa­t, sondern wie eine Bananenrep­ublik verhalten.“Recep Tayyip Erdogan Präsident der Türkei

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