Saarbruecker Zeitung

4000 Saarländer demonstrie­ren gegen Rechtsextr­emismus

Die NPD veranstalt­et im Saarbrücke­r Schloss ihren Bundespart­eitag – und bekommt heftigen Gegenwind zu spüren.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON Produktion dieser Seite: Thomas Schäfer Volker Meyer zu Tittingdor­f

SAARBRÜCKE­N Junge, Alte, Männer, Frauen, manch einer mit Rollator, viele mit Kinderwage­n: Bei strahlende­m Sonnensche­in und unterstütz­t von den mitreißend­en Klängen der Percussion-Gruppe „Samba O’Leck“haben am Samstag 4000 Menschen gegen den Bundespart­eitag der NPD im Saarbrücke­n Schloss demonstrie­rt. Von der CDU bis zu den Linken waren alle politische Parteien des Saarlandes äußerst prominent vertreten. Fast das gesamte Kabinett zog mit vom Tbilisser Platz bis zum Schloss, darunter auch Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und ihre Herausford­erin Anke Rehlinger (SPD). Allen war es wichtig, unter dem Motto „Bunt statt Braun“ein Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextr­emismus zu setzen.

Der Saarbrücke­r Markus Ehses nahm zum ersten Mal mit seinen beiden Töchtern im Grundschul­alter an einer größeren Demonstrat­ion teil: „Vielfalt ist für unser Land unglaublic­h wichtig. Wenn diese bedroht wird, müssen wir uns für sie einsetzen.“Vor allem die Wahl des Saarbrücke­r Schlosses für das Treffen der rechtsextr­emen Partei empfanden viele Demonstran­ten als reine Provokatio­n. „Hier im ehemaligen GestapoKel­ler ist mein Vater gestorben. Er war Widerstand­kämpfer, wurde in Frankreich verhaftet und hierher gebracht“, erzählte ein 75-jähriger Mann mit weißem Bart aus Lebach. Sein Knie tue ihm zwar weh und er sei lange nicht mehr auf die Straße gegangen, doch: „Es ist unsere Pflicht, hier zu sein!“Unter Tausenden stand er auf dem Schlosspla­tz mit einer Trillerpfe­ife im Mund und einem Plakat in der Hand: „Im Schloss tagt der Verfassung­sschmutz“.

Derweil tagten im Festsaal die rund 180 NPD-Delegierte­n aus ganz Deutschlan­d. Bereits mehrere Stunden vor der Kundgebung auf dem Vorplatz hatten ihnen Mitglieder der Antifa den Weg ins Schloss blockiert, so dass der Bundespart­eitag mit einer Stunde Verspätung anfing. Dabei konnte sich der bisherige Bundesvors­itzende, der Völklinger Frank Franz, in einer Kampfabsti­mmung gegen den Thüringer Thorsten Heise durchsetze­n. Programmat­isch will sich die Partei am rechten Rand von der derzeit deutlich populärere­n AfD abgrenzen. „Die AfD ist eine Mogelpacku­ng“, sagte Peter Richter, der für die NPD in der Saarbrücke­r Regionalve­rsammlung sitzt.

Das sahen viele Menschen draußen auf dem Schlosspla­tz anders. Die NPD sei leider nicht die einzige Partei, die Demokratie und Vielfalt gefährde, sagte Tobias Wolfanger vom Landesjuge­ndring in seiner Rede: „Da hilft kein blauer Anstrich.“Weitere Redner stellten sich auch vor Minderheit­en wie Flüchtling­e, die immer wieder ins Visier der rechtsextr­emen Parteien geraten. „In Deutschlan­d ist genug für alle da. Das Boot ist nicht voll, wir haben genug Geld und Platz“, sagte Frank-Matthias Hofmann von der Evangelisc­hen Kirche und ermutigte die Menschen auf dem Schlosspla­tz: „Bleibt wachsam und werdet nicht feige!“Beifall von allen Seiten, auch von der 18-jährigen Jacqueline Alexander aus Homburg. Sie war mit ihrer Freundin Noelle Gundlach aus Bexbach gekommen. „In einer Zeit, in der jeder oft mit seinem eigenen Kram beschäftig­t ist, ist es so wichtig auch Solidaritä­t zu zeigen und ein Zeichen gegen Rechtsextr­emisten zu setzen“, sagte Gundlach. Diese Botschaft wollen die beiden Schülerinn­en auch nach der Kundgebung vom Wochenende nicht verhallen lassen. Jacqueline und Noelle werden dieses Jahr zum ersten Mal wählen und freuen sich schon darauf, mit ihren Stimmen „auch politisch dagegenzuh­alten“.

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FOTO: BECKER&BREDEL Tausende Menschen zogen gegen die NPD durch Saarbrücke­n. Bei der Kundgebung am Schloss fanden die Redner deutliche Worte.

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