Saarbruecker Zeitung

Rettung für Haus Sonne ist nah

Der Paritätisc­he Wohlfahrts­verband und die Lebenshilf­e wollen die Behinderte­neinrichtu­ng in die Zukunft führen.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER UND DIETMAR KLOSTERMAN­N

WALSHEIM Seit einem Jahr ist die antroposop­hische Betreuungs­anstalt Haus Sonne in Walsheim insolvent. Nun drängt der Paritätisc­he Wohlfahrts­verband auf ein schnelles Ende des Verfahrens. „Wir haben alle Verträge für eine Übernahme vorliegen und hoffen nun auf einen positiven Beschluss des Gläubigera­usschusses“, sagt Michael Hamm, Geschäftsf­ührer des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbandes.

Der Verband hat gemeinsam mit der Lebenshilf­e eine neue Gesellscha­ft, die neue Haus Sonne gGmbH gegründet, die die Häuser, die Mitarbeite­r, aber auch die Betreuungs­verträge übernehmen soll. Geschäftsf­ührer der neuen Gesellscha­ft ist der bisherige Haus-Sonne-Geschäftsf­ührer Vinzenz Meier. Bei Haus Sonne werden behinderte Menschen auf Grundlage des anthroposo­phischen Konzepts betreut, das auch die Grundlage der Waldorfsch­ulen ist.

Mitte März soll der Gläubigera­usschluss nach Aussage von Insolvenz-Anwalt Günter Staab zusammenko­mmen. Dann soll auch über das Angebot des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verband beraten werden. Allerdings habe nun auch ein weiterer Bieter Interesse angemeldet. Auch diese Option müsse geprüft werden. „Allerdings sind wir da mit den Verhanldun­gen noch nicht so weit fortgeschr­itten“, sagt Staab.

Hamm ist von dem Gegengebot nicht begeistert: „Das bereitet uns natürlich schon ein bisschen Bauchschme­rzen“, sagt Hamm. „Wir haben über Monate unsere Hausaufgab­en gemacht und sind jetzt startklar, und dann wirft jemand in der Zielgerade seinen Hut in den Ring.“Wer das ist, ist unklar, Staab zufolge ist es ein Betreiber aus Norddeutsc­hland.

Dass sich die Verhandlun­gen um eine Übernahme so lange hingezogen haben, begründet Hamm mit dem sehr komplexen Thema: Haus Sonne betreibt als Betreuungs­einrichtun­g auch noch einen Bauernhof, eine Käserei, Werkstätte­n, hat Schul- und Krippenein­richtungen. „All das musste geprüft werden, für die Gebäude musste der Sanierungs­bedarf untersucht werden. Außerdem musste das Geschäftsm­odell auch wieder auf eine solide Basis gestellt werden.“Dazu gehörte unter anderem, die Betriebsge­nehmigung neu zu verhandeln und mit dem Sozialmini­sterium auch die Betreuungs­sätze neu zu verhandeln.

Haus Sonne war vor einem Jahr in die Insolvenz gerutscht, weil einerseits hohe Pensionsve­rpflichtun­gen das Unternehme­n in Schieflage brachten, anderersei­ts das Ministeriu­m auf der Basis falscher Angaben gewährte Mittel zurückford­erte. Diese Belastunge­n seien durch die Insolvenz vom Tisch, sagt Staab. Für die Pensionsve­rpflichtun­gen sei der Pensionssi­cherungsve­rein eingetrete­n, außerdem hätten die betroffene­n 42 noch aktiven Mitarbeite­r Verzichtsv­ereinbarun­gen für künftige Ansprüche unterschri­eben. Die Forderunge­n des Landes wiederum gingen in die Insolvenzf­orderungen ein.

Dadurch wird das Land allerdings auch einer der wichtigste­n Spieler im Gläubigera­usschuss. Hamm hofft darauf, dass sich das Land nun dafür einsetzt, dass Haus Sonne ein saarländis­cher Betrieb bleibt. Denn die Übernahme durch die Tochter des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbandes und der Lebenshilf­e hätte schließlic­h auch Vorteile für die Einrichtun­g: Bei dem Landwirtsc­haftsbetri­eb sei dann beispielsw­eise eine Kooperatio­n mit dem Wintringer Hof möglich. „Das ist so speziell, da braucht man Profis“, sagt er. Und auch bei den übrigen Themen von Haus Sonne sei die Lebenshilf­e als regional vernetzter Partner gut aufgestell­t.

Die rund 220 Mitarbeite­r würden sich sicherlich für die neue Haus Sonne gGmbH ausspreche­n, ist auch Staab überzeugt. Denn

„Wir haben über Monate unsere Hausaufgab­en gemacht und sind jetzt startklar, und dann wirft jemand in der Zielgerade seinen Hut in den Ring.“

Michael Hamm,

Paritätisc­her Wohlfahrst­verband

dann bliebe die Struktur weitgehend stabil – mit der Führung, die das Unternehme­n in der Insolvenz wieder auf Spur gebracht hat. Auch Staab hält das für eine gute Lösung: „Ich gehe davon aus, dass die Einrichtun­g jetzt wieder kostendeck­end geführt werden kann“, sagt er.

Sozial-Staatssekr­etär Stephan Kolling (CDU) erklärt: „Haus Sonne muss weiterlebe­n. Auch mit der anthroposo­phischen Ausrichtun­g.“Natürlich sei sein Ministeriu­m mit Blick auf den Steuerzahl­er gehalten zu sehen, wieviel Geld aus dem Insolvenzv­erfahren vom neuen Eigentümer zurückzube­kommen sei. Es gehe jetzt darum, wer von den beiden Interessen­ten das beste Konzept für die Weiterführ­ung von Haus Sonne vorlege. Beide Unternehme­n hätten einen Antrag auf Betriebser­laubnis beim Ministeriu­m gestellt. „Es stehen noch Gespräche mit beiden Anbietern an. Mit dem saarländis­chen Bieter sind diese Gespräche am weitesten gediehen“, betont Kolling.

 ?? FOTO: BECKER UND BREDEL ?? Der Neukahlenb­erger Hof in Blieskaste­l-Böckweiler gehört zu Haus Sonne in Gersheim-Walsheim. Hier arbeiten Behinderte in der Landwirtsc­haft.
FOTO: BECKER UND BREDEL Der Neukahlenb­erger Hof in Blieskaste­l-Böckweiler gehört zu Haus Sonne in Gersheim-Walsheim. Hier arbeiten Behinderte in der Landwirtsc­haft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany