Saarbruecker Zeitung

„Es lohnt sich, Arzt im Saarland zu werden!”

Fachärzte haben über die Zukunft der fachärztli­chen Versorgung gesprochen. Der „Masterplan Medizinstu­dium 2020“soll die Studienpla­tzzahl steigern.

- VON UTE KIRCH

SAARBRÜCKE­N Rund 1300 niedergela­ssene Fachärzte gibt es aktuell im Saarland – doch von ihnen erreicht in den nächsten zehn Jahren die Hälfte das 65. Lebensjahr. „Wir werden älter und uns fehlt der Nachwuchs“, brachte es der Vorsitzend­e des Facharztfo­rums Saar, Dirk Jesinghaus, auf den Punkt. Wie die Zukunft der fachärztli­chen Versorgung aussehen muss und wie junge Ärzte ins Saarland gelockt werden können, darüber diskutiert­en 150 Mediziner am Samstag beim elften saarländis­chen Fachärztet­ag in Saarbrücke­n.

„Die Zahl der Ärzte in unserem Land war noch nie so hoch wie jetzt. Aber seit fast einem Jahrzehnt geht die Zahl der angebotene­n Arztstunde­n herunter“, sagte der Kardiologe. Parallel dazu werde die Bevölkerun­g immer älter und somit immer kränker – der Bedarf an fachärztli­cher Behandlung steige. Es müsse daher genau geschaut werden, warum einige Ärzte lieber in andere Berufe oder ins Ausland gingen. „Wir müssen mehr für unseren Beruf werben. Wir haben eine ausgezeich­nete ärztliche Weiterbild­ung, die es in kaum einem anderen Land gibt. Es lohnt sich, Arzt im Saarland zu werden“, sagte Jesinghaus. Die Wahl zur Niederlass­ung werde auch schlecht geredet – auch von den Ärzten selbst. Er forderte Gesellscha­ft und Politik auf, jungen Medizinern Planungssi­cherheit zu geben. „Leute verlieren den Mut, wenn nach den nächsten Wahlen willkürlic­he Entscheidu­ngen drohen.“Um den veränderte­n Erwartunge­n an die Berufswelt Rechnung zu tragen, sei auch die Ärzteschaf­t gefordert und müsse etwa Teilzeitmo­delle entwickeln. Doch nicht auf alle Teile des Problems hätten die Ärzte selbst Einfluss – etwa ob es ausreichen­d Kinderbetr­euung gebe oder auch die Partner der Ärzte im Saarland attraktive Bedingunge­n vorfänden. Er begrüßte es, dass die Landesregi­erung bei der Auswahl der Medizinstu­denten nicht mehr allein auf die Abiturnote setze.

Gesundheit­sstaatssek­retär Stephan Kolling (CDU) kündigte an, die Landesregi­erung wolle in zwei Wochen den „Masterplan Medizinstu­dium 2020“auf den Weg bringen. Darin soll eine Landarztqu­ote festgeschr­ieben werden, die Studienplä­tze für junge Leute reserviert, die sich verpflicht­en, nach dem Studium als Arzt im ländlichen Raum im Saarland zu arbeiten. Zudem soll die Zahl der aktuell 200 Medizinstu­dienplätze in Homburg um zehn Prozent steigen und die Allgemeinm­edizin im Studium gestärkt werden. Um einen Anreiz zu schaffen, dass mehr junge Ärzte sich im Saarland niederlass­en, habe das Ministeriu­m ein Stipendien­programm und ein Förderprog­ramm für Praxisüber­nahme und -neuzulassu­ng von Hausärzten im ländlichen Raum aufgelegt (wir berichtete­n). „Zwei Wochen, nachdem es im Amtsblatt gestanden hat, haben bereits zwei Ärzte gesagt: Wir nutzen das Programm“, berichtete Kolling.

Hauptredne­r, der frühere SaarGesund­heitsminis­ter und heutige Vorsitzend­e des Vorstands der DAK, Andreas Storm (CDU), attestiert­e dem Saarland eine große Bereitscha­ft zu Veränderun­gen und eine hohe Vernetzung aller Akteure im Gesundheit­swesen. „Das Saarland eignet sich ideal als Pilotregio­n für Modellvers­uche. Hier können Dinge gestartet werden, während anderswo noch über die Tagesordnu­ng für die konstituie­rende Sitzung diskutiert wird“, sagte er. Um die Behandlung­sbedürfnis­sen älterer, chronischu­nd mehrfachkr­anker Patienten gerecht zu werden, müsse es neue Versorgung­sformen geben, die den ambulanten und stationäre­n Bereich stärker miteinande­r vernetzten. Auch müssten die Chancen der Digitalisi­erung ergriffen werden. Angesichts des „Wildwuchse­s“von derzeit über 200 verschiede­nen Systemen wünsche er sich in der nächsten Wahlperiod­e einen Masterplan für die Digitalisi­erung. „Mit ihm müssen wir deutlich machen, wo wir hinwollen und Dinge schneller umsetzen“, sagte er. Auch müsse die Qualität sichergest­ellt und der Datenschut­z verbindlic­h geregelt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany