Saarbruecker Zeitung

Sind die Christen zu bequem?

Die Luthersyno­de denkt über innerkirch­liche Umstruktur­ierungen nach.

- VON UDO LORENZ

SAARBRÜCKE­N Bei der Suche nach Gott und der christlich­en Botschaft helfen manchmal auch Google und Facebook. Im Internet präsentier­t die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d (EKD) einen Comic-Clip mit Anleitung zum Beten, ein Glaubens-ABC mit den zehn Geboten und ein Lutherquiz. Doch bei der ersten grenzübers­chreitende­n Luthersyno­de mit mehr als 350 Teilnehmer­n aus dem Saarland, der Pfalz und Lothringen in der Aula der Saarbrücke­r Universitä­t gab es am Samstag einen ganz anderen Tenor. „Die Kirche muss wieder näher bei den Menschen sein und fragen, was können wir für den Einzelnen tun“, hieß die übereinsti­mmende Forderung in vier Arbeitsgru­ppen, die sich damit beschäftig­ten, wie sich die evangelisc­he Kirche verändern muss, um wieder mehr Christen zu erreichen. „Wir haben uns mit dem christlich­en Glauben zu bequem eingericht­et“, beklagte Saar-Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) mit Blick auf die stärkere Offensive anderer Glaubensri­chtungen. „Traditione­lle Gottesdien­ste sprechen nur noch einen kleinen Teil der eingeladen­en Menschen an“, resümierte Pfarrer Horst Heller. Verlangt wurden offenere Gottesdien­stformen, die mehr menschlich­e Begegnunge­n ermögliche­n. „Martin Luther hat 95 Thesen angeschlag­en, die 96. These haben wir aber noch nicht geschafft zu formuliere­n“, gestand Heller ein. Religionsl­ehrer Christian Hild hatte die Lacher auf seiner Seite, als er

Horst Heller verkündete: „Es gab und gibt Modelle gelingende­n Gemeindele­bens. Eine Gemeinde ist aufgeblüht, als der Pfarrer weggegange­n ist und die Gemeinde alles selbst in die Hand nahm.“Auch Glaubenszw­eifel und Unsicherhe­iten der Menschen dürften in der kirchliche­n Kommunikat­ion nicht außer Acht gelassen werden. Im Arbeitskre­is Zukunftsge­staltung der Kirche ging es darum, wie die in immer mehr Familien wegbrechen­de Religiosit­ät durch mehr kirchliche Präsenz in Kitas und Schulen ausgeglich­en werden kann. Doch Workshop-Leiter Reinhard Bingener warnte auch: „Die Kirche gibt viel Geld aus für Einrichtun­gen, die auf wenig Resonanz stoßen.“Superinten­dent Christian Weyer sprach sich angesichts immer knapper werdender Kassen und zu viel Bürokratie- und Verwaltung­saufgaben für Umstruktur­ierungen innerhalb der Kirche aus und zeigte sich offen für erste Überlegung­en, mit der katholisch­en Kirche zusammen gemeinsame Gemeindeze­ntren zu betreiben. „Wir ziehen beide am gleichen Strang – sich gegenseiti­g Konkurrenz zu machen, wäre dumm.“.............................................

„Traditione­lle Gottesdien­ste sprechen nur noch einen kleinen Teil der eingeladen­en

Menschen an.“

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