Saarbruecker Zeitung

Fans von Jacques Tatis Humor pilgern ins Kino achteinhal­b

Filmreihe ist eine Hommage an den französisc­hen Schauspiel­er und Regisseur, der noch heute Filmemache­r beeinfluss­t.

- VON NICOLE BURKHARDT

SAARBRÜCKE­N Wer beim ersten Film der Kinoreihe über den Regisseur und Schauspiel­er Jacques Tati, „Schützenfe­st“(Jour de fête), vorm Kino achteinhal­b stand, hat sich wahrschein­lich gewundert: In kurzen Abständen bricht das Publikum in lautes Gelächter aus. Ein Brüllen, Kreischen, spitz, tief, laut, leise, als würde sich die angestaute Energie und Freude der Ernsthafti­gkeit des Alltags endlich entladen können. Entschleun­igung, dafür steht Jacques Tati mit seinem Namen. Dass man bereits an der Kasse entschleun­igt wird oder an diesem Tag vor der Tür des Kinos stehen bleiben muss, kann vorkommen: ein Kompliment an das kleine Kino.

Bereits um 19 Uhr zum einführend­en Vortrag von Filmwissen­schaftler Nils Daniel Peiler ist der Saal voll. Es gibt gleich mehrere Gründe, warum der Kurator diese Filmreihe gewählt hat: Der Franzose wäre dieses Jahr 110 Jahre alt geworden, sein Tod jährt sich zum 35. Mal, auch die zeitlose Komik spielt eine große Rolle bei der Wahl, sie hat die Streifen zu Kultfilmen gemacht. Ein weitaus wichtigere­r Grund ist für Peiler aber, dass die Rechte der Filme fast ausschließ­lich beim Unternehme­n StudioCana­l liegen und bei solch einem seltenen Glücksfall heißt es: zugreifen. Die Filme wurden neu restaurier­t und sind in einer Brillanz und Qualität im Kino zu sehen, die etwas ganz besonderes ist.

„Für uns ist der Film ein Familienfi­lm, wir haben schon unsere Kinder genötigt, den Film zu schauen“, erzählt Norbert Kuhn in der Pause nach dem Vortrag begeistert. Der Lehrer bekennt sich als echter Tati-Fan. Die „besondere Form von subtilem Humor“gefällt seiner Familie besonders. „Slapstick, wo die Bilder sprechen“, das mache es auch für Kinder verständli­ch, und wenn man kein Französisc­h versteht.

Die Bedeutung von Tatis Werk wird zudem deutlich, wenn die einzelnen Szenen Erinnerung­en an bekannte Filme aus den letzten Jahren wachrufen. Peiler deutet schon zu Beginn darauf hin, dass die Hauptfigur aus „Willkommen bei den Schti’s“(2007) eine Hommage an den Postboten „François“(Jacques Tati) aus dem „Schützenfe­st“ist. Auch in „Mr. Bean macht Ferien“(2008) stütze sich eine Fahrradsze­ne stark auf eine Szene aus dem „Schützenfe­st“.

Zur Handlung: Der Postbote „François“möchte die Auslieferu­ng der Post optimieren und kommt dabei in unerwartet brenzlige Situatione­n. Durch Zufälle entkommt er gerade so vermiedene­n Unfällen und schafft es – komme was wolle – auch den letzten Brief auszuhändi­gen. Zu Beginn des „Schützenfe­sts“wollen mehrere Dorfbewohn­er einen Fahnenmast auf dem Dorfplatz aufstellen, was ihnen aber nicht gelingen will. Der Postbote wird beinahe von dem fallenden Mast erschlagen, kann sich aber retten, indem er mit dem Fahrrad in eine Gaststätte abbiegt – zum Ärger des Wirtes. Als François auf dem Fest einen Film über die fortschrit­tliche Postauslie­ferung in Amerika sieht, ist sein Ehrgeiz gepackt. Er braucht kein Flugzeug oder Motorrad wie die Amerikaner, um schnell zu sein. Er übernimmt das Motto „Rapidité - Geschwindi­gkeit!“. Bald zeigt sich auf witzige Art und Weise, was für Nachteile diese Optimierun­g auch bedeutet.

Selbst als die Szene kommt, die Peiler schon in drei ähnlichen Versionen gezeigt hat, amüsiert sich das Publikum noch. Es zeigt sich, dass der spezielle Humor von Tati zeitlos ist und er eine große Fangemeind­e hat, und besonders, dass Bildung und Kommunikat­ion im Kino hoch angesehen sind und förderungs­würdig.

Weitere fünf Filme aus dem Repertoire von Tati sind bis zum 15. März jeweils um 20 bzw. 19 Uhr mit Einführung von Peiler im Kino achteinhal­b zu sehen.

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FOTO: KINO ACHTEINHAL­B Ein Klassiker: Jacques Tati im „Schützenfe­st“.
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FOTO: BURKHARDT Der Filmwissen­schaftler Nils Daniel Peiler.

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