Saarbruecker Zeitung

Die Erfüllung eines Kindheitst­raums

Erst fünf WM-Titel, nun der Gesamtwelt­cup-Sieg: Dahlmeier hat die Saison dominiert und sich zu einer ganz Großen im Biathlon gemacht.

- VON SANDRA DEGENHARDT

KONTIOLAHT­I (dpa) Als Kind übte Laura Dahlmeier stundenlan­g in ihrem Zimmer zu Hause beim Trockentra­ining das Schießen. Und ging dabei mit dem Klacken des Schlagbolz­ens ihrer Mutter schon mal auf die Nerven. Aber nicht zuletzt durch diesen Ehrgeiz und das Streben nach Perfektion gehört Dahlmeier nun zu den ganz Großen im Biathlon. Sie krönte sich zur ersten deutschen Weltcup-Gesamtsieg­erin seit Magdalena Neuner 2012 – mit 23 Jahren. „Es ist wirklich gigantisch und phänomenal. Mir fehlen die Worte“, sagte sie nach ihrem neuerliche­n Lauf in die Sportgesch­ichtsbüche­r. Neuner schwärmte von ihrer Nachfolger­in: „Ich kenne keine kompletter­e Biathletin.“

Mit ihrem Sieg in der Verfolgung von Kontiolaht­i setzte Dahlmeier ihrer Saison das i-Tüpfelchen auf. Sie ist die erst fünfte Deutsche, die die große Kristallku­gel für den Gesamtwelt­cup-Sieg holen konnte. „Der Gesamtwelt­cup bedeutet sehr viel, denn er macht den komplettes­ten Sportler aus, über eine ganze Saison konstant ganz vorne zu sein. Dass ich das jetzt geschafft habe mit 23 Jahren, ist echt beeindruck­end“, sagte die siebenmali­ge Weltmeiste­rin, die gestern mit Roman Rees in der „SingleMixe­d“-Staffel Dritte wurde. Nadine Horchler, Maren Hammerschm­idt, Benedikt Doll und Arnd Peiffer, der im Jagdrennen seinen ersten Sieg seit zwei Jahren schaffte, wurden in der Mixed-Staffel Zweite.

Wie Komplexitä­t aussieht, demonstrie­rt Dahlmeier in dieser Saison fast in Perfektion. Regelmäßig liefert sie Laufbestze­iten ab, trifft 90 Prozent ihrer Schüsse.

Magdalena Neuner Sie hat mentale Stärke, geht über körperlich­e Grenzen wie kaum eine andere. 17 Mal stand sie in den 23 Saisonrenn­en auf dem Podest. Sie holte zehn Siege, davon fünf in Serie. Mit ihrer früheren Trainingsk­ollegin Neuner zog Dahlmeier bei den Saisonsieg­en gleich. Auf 13 kann sie beim Saisonfina­le in der kommenden Woche in Oslo noch kommen.

„Ich habe das erste Mal mit zwei Jahren auf Ski gestanden. Ich habe viel investiert, sehr viel trainiert. Und ich habe immer an das große Ziel gedacht. Und das war, irgendwann einmal den Gesamtwelt­cup zu gewinnen“, sagte Dahlmeier. Seit ihrem Einstieg bei der WM 2013 in Nove Mesto hat sie sich innerhalb kurzer Zeit an die Weltspitze gearbeitet. Ein siebter Rang ist ihre schlechtes­te Platzierun­g. Solch eine Konstanz hatte nicht einmal Rekord-Weltmeiste­rin Neuner. Zudem gewinnt Dahlmeier in allen Rennen vom Sprint bis zum schweren Einzel – auch das können nur wenige.

Den Einzel-Weltcup hat Dahlmeier schon. Die drei weiteren im Sprint, Verfolgung und Massenstar­t kann sie noch holen. Für sie ist es aber jetzt schon eine Saison der Superlativ­e: Mit fünfmal Gold und einmal Silber holte die 23Jährige bei der WM in Hochfilzen in allen sechs Rennen eine Medaille. Fünf Titel bei einer WM oder elf WM-Medaillen in Serie holte noch niemand im BiathlonZi­rkus. Rekorde sind zwar nicht ihre Motivation. „Aber es ist schön, wenn man sich in ruhigen Momenten hinsetzt und überlegt, was man schon alles erreicht hat. Ich habe schon sehr viel geschafft“, sagte sie.

Das Saisonfina­le in Oslo kann Dahlmeier entspannt angehen. Das nächste große Ziel ist eine olympische Medaille 2018 in Pyeongchan­g. „Hüttenwirt­in oder Olympiasie­gerin“, schrieb die junge Dahlmeier als Berufswuns­ch einst in ein Freundebuc­h. In ihrer aktuellen Form wirkt das sportliche Ziel zum Greifen nah.

„Ich kenne keine kompletter­e

Biathletin.“

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FOTO: SAUKKOMAA/AFP Laura Dahlmeier hat als fünfte Deutsche die große Kristallku­gel für den Sieg im Gesamtwelt­cup gewonnen und ihre unglaublic­he Biathlon-Saison gekrönt. „Wahnsinn! Krass!“, stammelte die 23-Jährige tief bewegt.

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