Streik an Berliner Flughäfen geht weiter
Air Berlin streicht auch alle Flüge von Saarbrücken nach Berlin. Die Fluggesellschaften fordern ein Eingreifen des Gesetzgebers.
BERLIN/STUTTGART/SAARBRÜCKEN (dpa/mzt) Der Streik des Bodenpersonals an den beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld geht bis morgen früh in die Verlängerung. Das kündigte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gestern kurz nach Streikbeginn an. Damit müssen heute nochmals Zehntausende Fluggäste ihre Reisepläne ändern. Gestern wurden 465 Abflüge in Tegel und 195 Starts in Schönefeld gestrichen, also insgesamt 660 Flüge, wie ein Sprecher der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg mitteilte. Die Auswirkungen dürften heute ähnlich sein. Auch die Verbindung Saarbrücken-Berlin ist wieder betroffen. Die Fluggesellschaft Air Berlin hat für heute alle vier Flüge ab Saarbrücken nach Berlin und die vier Flüge von dort ins Saarland abgesagt.
Die Fluggesellschaften kritisierten die ausgedehnte Arbeitsniederlegung scharf und forderten die Politik auf zu handeln. Aus Sicht des Flughafenverbandes ADV geht die Vorgehensweise von Verdi „über jedes verträgliche Maß hinaus“. Mit dem Streik will Verdi ein besseres Tarifangebot für die rund 2000 Beschäftigten in den Terminals und auf dem Vorfeld erzwingen.
Verdi-Streikleiter Enrico Rümker sagte, man warte nun auf ein neues Angebot der Arbeitgeber. Die Gewerkschaft fordert in dem Tarifkonflikt bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten einen Euro mehr pro Stunde für die Mitarbeiter des Bodenpersonals. Die Arbeitgeber boten zuletzt die schrittweise Erhöhung der Löhne in allen Entgeltgruppen an – bei einer Laufzeit von drei Jahren. Das Gesamtvolumen betrage acht Prozent mehr Geld als im Moment ausgegeben werde, sagte ein Sprecher des Forums der Bodenverkehrsdienstleister Berlin-Brandenburg. Nach Angaben von Verdi würde ein einfacher Beschäftigter auf dieser Grundlage pro Arbeitsstunde 27 Cent mehr erhalten.
Der Verband der in Deutschland aktiven Fluggesellschaften (Barig) forderte für solche Tarifkonflikte verbindliche Mediations- oder Schlichtungsverfahren. „Wir sehen hier den Gesetzgeber in der Pflicht, dass er endlich die dringend benötigten Rahmenbedingungen schafft, damit Streiks im deutschen Luftverkehr wirklich nur die Ultima Ratio (letztes Mittel) sind“, sagte Barig-Generalsekretär Michael Hoppe.
Air Berlin forderte beide Tarifparteien in einem Brief auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Arbeitskampf werde auf dem Rücken der Passagiere ausgetragen und verursache „Tag für Tag Schäden in Millionenhöhe für die Airline-Branche sowie sämtliche Dienstleister an den Berliner Flughäfen“, schrieben Vorstandschef Thomas Winkelmann und Personalvorstand Martina Niemann. „Air Berlin trifft dieser Arbeitskampf als größte Fluglinie in Berlin-Tegel besonders hart.“
Bei Flugausfällen infolge eines Streiks muss die Fluggesellschaft Kunden eine alternative Beförderung anbieten. Das kann die Umbuchung auf einen anderen Flug sein oder andere Transportwege, wenn das Ziel per Bus oder Bahn erreichbar ist. Das regelt die Fluggastrechte-Verordnung der EU. Fällt der Flug aus, dürfen Kunden auch das Ticket zurückgeben.
Beim Streik an Berliner Flughäfen bietet etwa Air Berlin Betroffenen bei Flugausfällen an, ihren Flug kostenfrei auf einen alternativen Termin umzubuchen oder sich ihre Ticketkosten erstatten zu lassen. Außerdem können Reisende ihr Ticket gegen einen kostenfreien Gutschein der Deutschen Bahn eintauschen. Auch bei Lufthansa oder Easyjet dürfen Kunden kostenlos umbuchen oder stornieren.
Bei einem Streik haben Reisende in der Regel keinen Anspruch auf Entschädigung für einen ausgefallenen oder verspäteten Flug. Ein Streik könne als außergewöhnlicher Umstand gewertet werden, erklärte der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. Dann sei die Airline nicht zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet.