„The King’s Speech“: Das Kellertheater kann’s
SULZBACH Am Anfang und Ende steht: das Mikrofon! Es ist ein stummer, erbitterter Zweikampf, den Prinz Albert von Wales in „The King’s Speech“mit dem grazilen Gerät ausficht. Weiß er doch zu gut, dass es ihn vernichten kann, ihn, den royalen Zweitgeborenen, dem sich in der Öffentlichkeit die Worte zuverlässig verweigern – auch jetzt wieder auf der British Empire Exhibition von 1925, bei der Albert seine erste vom Hörfunk übertragene Ansprache halten soll. Sie endet im Fiasko: „Er braucht einfach nur mehr Übung“, wiegelt sein Vater, König Georg V, ab. Dazu regnet es, wir sind schließlich in England.
Dass man das keine Minute vergisst, ist einer der Verdienste dieser Inszenierung des Sulzbacher Kellertheaters, die um größtmögliche Authentizität ringt. Dafür setzt der Verein nicht nur auf Kostüme im Stil der 1920-er Jahre und schwarz-weiße Original-Filmaufnahmen wie die finale Krönungszeremonie in Westminster Abbey, sondern mietete auch ein echtes Schallplatten-Schneidegerät, einen englischen Weltempfänger und zwei Mikros aus jener Zeit, Kostenpunkt 800 Euro.
Deutlich flexibler gestaltet sich die Besetzung der Rollen: Winston Churchill, den fülligen Zigarrenliebhaber, verkörpert mit Markus Limberger ein drahtiger Marathonläufer. Er und Sascha C. Ferdinand, der den Erzbischof von Canterbury schön gehässig gibt, sind die zwei Neuen im Team – ohne Frage ein Gewinn. Lebhaft ausdiskutiert habe man, ob mit Franziska Rundstadler „eine farbige Darstellerin“die junge Queen Elisabeth spielen kann, verrät Regisseur Enrico Tinebra. Und wie sie kann: Die unterkühlte Contenance einer Adligen nimmt man ihr ebenso ab wie ihre große Liebe zu Albert. Warum aber besetzte man Lionel Logue, den Sprachheiler, nicht mit Uwe Andresen, dem praktizierenden Logopäden? Diese „phantasielose“Lösung habe er tatsächlich im Kopf gehabt, gesteht Tinebra. Aber wer würde dann stottern, ohne „es ins Lächerliche zu ziehen“? Das konnte nur ein Sprachprofi wie Andresen. Tatsächlich wird bei der Premiere während den gut zwei Stunden Spielzeit in der ausverauften Jahnturnhalle nicht einmal gelacht über Alberts fatale Sprachstörung.
Und noch eine „gegen den Strich-Besetzung“genehmigte sich der Regisseur mit der Rolle des Lionel. „Markus (Wantz) ist ja sonst eher der kleine Giftzwerg“, sagt er, ein zweiter Louis de Funès. Zwar verfügt Lionel über viel Humor, schleppt aber als gescheiterter Schauspieler auch ein Päckchen Tragik mit sich herum – eine Ambivalenz, die Wantz meistert. Zu schön, wie er den Erzbischof, der Albert gern der Lächerlichkeit preisgeben möchte, mit Löwenmut anfährt: „Warum bemalen sie ihn nicht rosa und bekleben ihn mit Pailetten.“
„The King’s Speech“ist eine großartige, ambitionierte Ensembleleistung. Und wenn der frisch gekrönte König am Ende den Kampf mit seinem größten Feind, dem Mikro, gewinnt, gönnt man ihm das von ganzem Herzen. ............................................. Es gibt nur noch