Erzieherinnen holten sich Koch-Tipps
Bundesweite Initiative: Das Kita- und Grundschulpersonal soll Kinder für gesundes Essen, gemeinsames Kochen und Tischkultur begeistern.
SAARBRÜCKEN „Wollen wir noch piepen?“Die Köpfe rings um die gedeckte Tafel nicken lebhaft. Ohne Piepen kein Mittagessen. Hier nicht und in Köln nicht, woher der Fragesteller per Zug angereist ist, und auch sonst nirgendwo. Das weiß Stefan Brandel so gut, weil er landauf landab „Genussbotschafter“ausbildet.
Heute ist der Ernährungscoach zu Gast in der Katholischen Familienbildungsstätte Saarbrücken, seine Mission lautet: „Ich kann kochen“. So heißt die größte Ernährungsbildungsinitiative für Kitaund Grundschulkinder in Deutschland, initiiert von der Sarah Wiener Stiftung und der Barmer. Kern der Initiative sind kostenfreie Fortbildungen für Pädagogen - hier für 16 Frauen unterschiedlichen Alters, in der Mehrzahl Erzieherinnen.
Obwohl Kochen und Ernährung in den Medien präsent sind wie nie zuvor, ist der Bedarf nach Aufklärung groß. „Da tut sich eine große Schere auf, was meist soziale Hintergründe hat“, betont Brandel. Statt Pausenbrot gibt es ein paar Euro mit in die Schule, von gemeinsam zubereiteten und eingenommenen Mahlzeiten sind viele Familien Lichtjahre entfernt. Dabei erlebt er Kinder als unglaublich begeisterungsfähig für das Thema. Außer frischen Zutaten möglichst in Bio-Qualität benötigt man eine gute Vorbereitung auf die Kochstunde. Und bitte: „Immer entspannt bleiben, das überträgt sich auf die Kinder.“
Um die Nachwuchsköche nicht zu überfordern, sollte man alles „Schritt für Schritt erklären. Also erst die Bedeutung von Hygiene in der Küche und danach die Küchenutensilien“. Haben Kinder eigene Ideen beim Kochen, rät
Silke Reiter Brandel: „Zulassen, so weit es geht. “
Silke Reiter vom evangelischen Kinderhaus Sonnenschein in Gersweiler genießt den Workshop sichtlich. „Essen ist viel mehr als das, was auf dem Teller liegt. Das ist die Herausforderung“, für die sich Reiter jetzt besser gewappnet fühlt.
Die Erzieherin möchte Kochkurse für Eltern und Kinder anbieten. „Generell wollen wir das The- ma Nachhaltigkeit in die Kita bringen“, auch mit Nutzpflanzen im selbstgezimmerten Hochbeet.
Nach der Theorie ging es ab in die Lehrküche zum Gemüseputzen, Schnippeln, Kochen, Braten, Pürieren. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Glaskaraffen, randvoll mit zerstückelten Orangen und Wasser gefüllt.
In Schüsseln dampfende, gegrillte Gemüsespieße, Wintersalat mit Meerrettich und Linsen, Buchweizen-Pfanne und Steckrübenstampf. „Die Steckrübe war das Gemüse 2016, mega lecker“, schwärmt Brandel. Alles bunte, leckere Sachen, von denen Kinder instinktiv sagen würden: „Die sind gesund.“Im schlechtesten Fall mit einem „iieeh“davor.
„Wenn sie es selber zubereiten, besteht die hundertprozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie es zumindest probieren“, kontert der Trainer: „Weil sie den Bezug dazu haben.“
Viel hilft auch, die Mahlzeiten zu zelebrieren: Den Tisch schön decken, sich Zeit nehmen, Gespräche führen - kurz, Essen zu einem richtigen Wohlfühlthema machen.
Gern auch mit Tischspruch. Na dann los: „Piep, piep piep, wir haben uns alle lieb. Ein jeder esse was er kann, nur nicht seinen Nebenmann . ... Nichts verklabbert, nichts verschütt’, guten Appetit.“
„Essen ist viel mehr
als das, was auf dem Teller liegt. Das ist die Herausforderung.“