Saarbruecker Zeitung

Russlands Hoffnung auf Rückkehr

Der neue russische Sportminis­ter Kolobkow drängt auf die Wiederaner­kennung der Anti-Doping-Agentur Rusada.

- VON NICOLAJ STOBBE

LAUSANNE (sid) Russlands neuer Sportminis­ter Pawel Kolobkow hat eine große Chance vertan, nach dem Doping-Skandal in seinem Land für einen glaubwürdi­gen Neuanfang zu werben. „Das war sehr enttäusche­nd“, kritisiert­e die Nada-Vorstandsv­orsitzende Andrea Gotzmann den Auftritt des früheren Fecht-Weltmeiste­rs gestern beim Symposium der WeltAnti-Doping-Agentur (Wada) in Lausanne. „Die Infrageste­llung des McLaren-Reports und der Whistleblo­wer kam nicht gut an.“

Kolobkow hatte gestern den staunenden Delegierte­n auf dem Symposium der Wada in Lausanne voller Selbstvert­rauen seinen Plan eröffnet. „Das Ziel lautet, eine vorläufige Akzeptanz der Rusada im Mai zu erreichen. Im November soll die Rusada ihre Zulassung erhalten“, sagte der Nachfolger von Witali Mutko, der in der Krise zum russischen Vize-Premiermin­ister aufgestieg­en ist. Kolobkow stützte sich bei seinen Aussagen auf einen Fahrplan, den die Wada mit Russland für den Reformproz­ess entwickelt hat. „Einige der Kriterien wurden bereits erreicht. Wir arbeiten daran, dass alle Punkte erfüllt werden“, sagte der Politiker vor rund 700 internatio­nalen Anti-Doping-Experten.

Bei seinen Ausführung­en stellte Kolobkow die Maßnahmen in den Vordergrun­d, die in seinem Land bereits ergriffen wurden. „Wir haben das Budget der Rusada verdreifac­ht und das Anti-DopingLabo­r unter die Kontrolle der Universitä­t Moskau gestellt. Es untersteht nicht mehr dem Ministeriu­m für Sport“, teilte er mit. Stattdesse­n zweifelte er die im zweiten Report des Wada-Ermittlers Richard McLaren präsentier­ten Ergebnisse an. „Die russische Regierung erkennt nicht, dass es ein institutio­nelles Doping-System und eine Doping-Verschwöru­ng geben hat“, betonte Kolobkow einmal mehr die russische Position. Das Niveau der Beweise von McLaren sei nicht ausreichen­d, um etwaige Doping-Verfehlung­en einzelner Sportler zu ahnden. „Wir bereiten gerade eine offizielle Überprüfun­g des McLaren-Reports vor“, erklärte der Minister.

Wada-Präsident Craig Reedie räumte ein, dass es bei der Doping-Bekämpfung durchaus Fortschrit­te gegeben habe, allerdings sei man noch längst nicht am Ziel. „Es gibt noch viel zu tun“, meinte Reedie. Die Rusada müsse „nachweisen, dass die internen Prozesse unabhängig und autonom verlaufen“, erklärte Reedie und betonte, dass man die Zusammenar­beit mit der russischen Anti-DopingAgen­tur fortsetzen wolle. „Seit März 2016 sind zwei unserer Experten in Moskau vor Ort, die die Unabhängig­keit der Rusada vorantreib­en“, sagte der 75-Jährige.

Die Wada hatte die Rusada im November 2015 suspendier­t. Die Entscheidu­ng basierte auf einem unabhängig­en Bericht über Dopingprak­tiken in der russischen Leichtathl­etik. Russlands Leichtathl­eten durften nicht an den Olympische­n Spielen in Rio teilnehmen. Auch den russischen Behinderte­nsportlern wurde die Teilnahme an den Paralympic­s verwehrt. Ein Bericht des kanadische­n Ermittlers Richard McLaren hatte Verstöße gegen die Anti-Doping-Richtlinie­n bestätigt. Demnach sollen rund 1000 russische Athleten von 2011 bis 2015 vom russischen Dopingsyst­em profitiert haben.

Derweil soll der Internatio­nale Sportgeric­htshof (CAS) Sergej Portugalow, das angebliche Mastermind des Dopingprog­ramms in der russischen Leichtathl­etik, lebenslang gesperrt haben. Das teilte der russische Leichtathl­etikVerban­d mit. Der CAS hat den Vorgang noch nicht bestätigt. Die Wada hatte im Jahr 2015 empfohlen, Portugalow an keinem staatliche­n Sportprogr­amm mehr zu beteiligen. Der Chef von Russlands medizinisc­her Leichtathl­etik-Kommission galt als oberster Verwalter des Dopingprog­ramms seines Landes. Der Mediziner soll für die Vertuschun­g positiver Dopingtest­s von Athleten Geld gefordert haben und selbst auch verbotene Substanzen injiziert haben.

 ?? FOTO: FLAURAUD/DPA ?? Russlands neuer Sportminis­ter Pawel Kolobkow warb gestern beim Symposium der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) in Lausanne für eine Rückkehr der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada unter das Wada-Dach.
FOTO: FLAURAUD/DPA Russlands neuer Sportminis­ter Pawel Kolobkow warb gestern beim Symposium der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) in Lausanne für eine Rückkehr der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada unter das Wada-Dach.

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