Saarbruecker Zeitung

Länder planen schnellere Abschiebun­gen

Deutschlan­d wird gewaltbere­ite Islamisten künftig wahrschein­lich deutlich konsequent­er abschieben. Ein Bundesgeri­cht ermutigt die Behörden dazu.

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DÜSSELDORF/BERLIN (dpa) Nach einer Abschiebe-Entscheidu­ng des Bundesverw­altungsger­ichts haben die SPD-Innenminis­ter der Länder ein konsequent­es Vorgehen gegen islamistis­che Gefährder angekündig­t. Die sich daraus „ergebenden verbessert­en Rückführun­gsmöglichk­eiten werden wir offensiv nutzen“, erklärten die Ressortche­fs gestern nach einer Konferenz in Düsseldorf. Das Bundesverw­altungsger­icht hatte am Dienstag dieser Woche die Abschiebun­g von zwei unter Terrorverd­acht festgenomm­enen islamistis­chen Gefährdern gebilligt.

Ausgangspu­nkt waren vom niedersäch­sischen Innenminis­terium erlassene Abschiebun­gsanordnun­gen nach Paragraf 58a des Aufenthalt­sgesetzes. Nach dem Berliner Weihnachts­marktAnsch­lag war scharfe Kritik daran laut geworden, dass dieser Paragraf nicht im Fall des Attentäter­s Anis Amri angewendet wurde. Er war als islamistis­cher Gefährder eingestuft und ausreisepf­lichtig, bevor er am 19. Dezember zwölf Menschen tötete.

„Wir werden uns sehr genau ansehen, ob dieses Urteil eine Blaupause sein könnte für den einen oder anderen Gefährder“, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD). Seinen Blick auf den Fall Amri ändere die Entscheidu­ng des Gerichts aber nicht. Die beiden in Göttingen festgenomm­enen Männer hätten gültige Papiere besessen. Zudem hätten die Sicherheit­sbehörden ganz offensicht­lich „sehr tatsächlic­he Hinweise auf Anschlagsp­lanungen“gehabt. Bei Amri sei beides nicht der Fall gewesen. Amri konnte nicht abgeschobe­n werden, weil sein Heimatland Tunesien ihm keine Papiere dafür ausgestell­t hatte. Er nutzte während seiner Zeit in Deutschlan­d mehrere Identitäte­n. Zu Jahresbegi­nn galten insgesamt 62 islamistis­che Gefährder als ausreisepf­lichtig.

Der Bundestag in Berlin beriet derweil gestern über einen Gesetzentw­urf, der konsequent­ere Abschiebun­gen von Ausländern ohne Bleiberech­t und eine bessere Kontrolle von Gefährdern vorsieht. Die Maßnahmen gehen teils auch zurück auf das Amri-Attentat. So soll etwa die Abschiebeh­aft für ausreisepf­lichtige Gefährder ausgeweite­t und ihre Überwachun­g per Fußfessel erleichter­t werden. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) sagte vor den Abgeordnet­en: „Allen ausreisepf­lichtigen Gefährdern sage ich deutlich: Die Offenheit und Liberalitä­t, die unser Land lebens- und liebenswer­t machen, leisten wir uns gerade deshalb, weil wir einen starken Staat haben, der Angriffe auf uns nicht hinnimmt.“Der Entwurf sieht härtere Sanktionen bei vorgetäusc­hten Identitäte­n, mangelnder Kooperatio­n oder Straftaten vor, etwa die Einschränk­ung des Aufenthalt­sorts. Der Ausreisege­wahrsam soll von vier auf zehn Tage verlängert werden.

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