Bahn lässt rote Zahlen hinter sich
Der neue Chef hat aber große Baustellen. Die größten Sorgen macht der Güterverkehr. Deutsche Bahn in Zahlen
BERLIN Neue Besen kehren gut? Richard Lutz, der künftig im Volksmund wie alle seine Vorgänger den Dauervornamen „Bahnchef“tragen wird, ist kein neuer Besen, sondern seit 22 Jahren Mitarbeiter in Deutschlands größtem Verkehrsunternehmen, zuletzt als Finanzvorstand. Wohl auch deshalb verkündete er, dass er die Linie seines Vorgängers Rüdiger Grube fortsetzen wolle. Das Ziel: „Mehr Qualität, mehr Kunden, mehr Erfolg.“
Die entscheidenden Weichen hatte bereits Grube gestellt: W-Lan und Digitalisierung, mehr Pünktlichkeit, Renovierung der Züge und neue Preisangebote. Der 52jährige Lutz, der nach Grubes plötzlichem Abgang am Mittwoch zum Nachfolger ernannt worden war, konnte gleich an seinem ersten Arbeitstag als Chef eine gute Bilanz für 2016 präsentieren. Demnach ist die Bahn nach herben Verlusten im Jahr davor wieder in die Gewinnzone gefahren. Das Betriebsergebnis stieg 2016 um 10,6 Prozent auf 1,95 Milliarden Euro, der Gewinn nach Steuern auf rund 700 Millionen Euro.
Auch die anderen Kennzahlen weisen nach oben, zumindest im Personenverkehr: Die Zahl der Reisenden stieg auf 4,4 Milliarden (plus 1,9 Prozent), davon 2,36 Milliarden im Schienen-, der Rest im Busverkehr. Auf den Fernstrecken erhöhte sich die Pünktlichkeit auf 78,9 Prozent gegenüber 74,4 Prozent in 2015. Und auch die Zahl der Mitarbeiter stieg um 3,1 Prozent auf 306 000. Auf dem Schienennetz wurden 1,06 Milliarden Trassenkilometer gefahren, so viel wie noch nie. 30 Prozent des Verkehrs leisten inzwischen private Konkurrenten der Bahn.
Lutz, der einen FünfJahres-Vertrag bekam, will die Pünktlichkeit im Fernverkehr in diesem Jahr auf 81 Prozent steigern, mittelfristig auf 85 Prozent. Baustellenund Bahnhofsmanagement heißen dafür die Zauberwörter. Damit sollen dann 90 Prozent aller „Zugketten“, also Anschlussverbindungen, sicher eingehalten werden können, was für die Kunden besonders wichtig ist. W-Lan soll nach und nach auch auf Intercitys und Regionalzüge ausgedehnt werden, die digitalen Angebote bei Ticketkauf und Service werden ausgebaut. Es gibt aber weiterhin große Baustellen bei der Bahn. Im wörtlichen Sinne ist das vor allem Stuttgart 21. Lutz sagte, er und die anderen Vorstände seien „finster entschlossen“, das Projekt trotz aller Widrigkeiten in dem Kostenrahmen von 6,5 Milliarden Euro zu Ende zu führen. Das größte Problem des Unternehmens ist der Güterverkehr. Der Umsatz von DB Cargo sank 2016 um 4,3 Prozent auf nur noch 4,5 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis brach um zehn Prozent ein. Hier wartet die Bahn vor allem auf Vorgaben aus der Politik, etwa eine Senkung der Trassengebühren. Die Schulden der Bahn haben sich um 4,3 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro erhöht, vor allem wegen gestiegener Pensionsverpflichtungen.
Auffällig bei der Pressekonferenz: Lutz sucht einen teamorientierten Führungsstil mit seinen Vorstandskollegen Ronald Pofalla (Infrastruktur), Berthold Huber
Mitarbeiter (Verkehr und Transport) und Personalvorstand Ulrich Weber. Lutz, der aus einer Eisenbahnerfamilie in der Pfalz stammt, ist der jüngste in diesem Kreis. Zwei Vorstandsposten – Technik und Güterverkehr – sind derzeit noch vakant; Lutz ließ durchblicken, dass er es gut fände, wenn dafür Frauen berufen würden.