Saarbruecker Zeitung

Die Intendanti­n nimmt mit „Othello“Abschied

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SAARBRÜCKE­N (ce) Latenter Rassismus, eine missglückt­e Integratio­n, das ist nun wirklich mal „ein Stoff, der zur Zeit auf der Hand liegt“, wie Intendanti­n Dagmar Schlingman­n das ausdrückt. Doch zusätzlich ist Shakespear­es Eifersucht­s- und Gesellscha­ftsDrama „Othello“(1604) einer der „fetten“Welttheate­r-Stoffe, die Schlingman­n so gerne und gut ausdünnt. Klar, dass sie denn auch Frank Günthers schnörkell­ose Übersetzun­g aus den Neunziger Jahren wählt und den Shakespear­e-Figuren nicht, wie in vielen jüngeren Produktion­en üblich, einen vermeintli­ch topaktuell­en Ton aufnötigt, etwa einen prolligen Rapper-Jargon.

Für ihre Abschieds-Inszenieru­ng holte sich die Theaterche­fin dann auch ihr bewährtes FrauenTrio an Bord: Sabine Mader (Bühnenbild), Inge Medert (Kostüme) und Alexandra Holtsch (Musik). Die Damenriege steht für einen Minimalism­us, der karg aussieht, aber in der Regel sexy wirkt.

„Heiß und kalt“sei die Atmosphäre dieses Stückes, meint Schlingman­n. Die Story: Der Emotionsbo­lzen Othello (Ali Berber), ein Schwarzer, wird Opfer einer mörderisch­en Intrige und von Vorurteile­n, zappelt im Netz des abgebrühte­n Jago. Letzteren spielt eine Frau, Nina Schopka: Bösartigke­it hat nun mal keine Hautfarbe und kein Geschlecht. Schlingman­n erklärt die Hosenrolle so: Sie habe bei der Textlektür­e sofort Schopka vor sich gesehen. Wenn man so will, in der eigentlich­en Hauptrolle, denn Jago hat bei Shakespear­e bekanntlic­h mehr Text als Othello.

Gespielt wird laut Schlingman­n auf einer „Bühne, die keine Intimität zulässt“und die die Figuren auf den sozialen „Präsentier­teller“stellt. So viel lässt sich ahnen: Der Saarbrücke­r „Othello“handelt weniger von individuel­len Charakter-Nöten als von gesellscha­ftlichen Zwangslage­n.

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