Saarbruecker Zeitung

Dilettanti­smus oder großes Kino?

Das städtische Filmhaus aus der Krise zu führen, ist offenbar schwierige­r, als Kulturdeze­rnent Thomas Brück hat glauben lassen.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

SAARBRÜCKE­N Dass die Opposition sich wundert, kommt ab und zu vor. Dass sie das zusammen mit einer der Parteien tut, die im Stadtrat das Sagen haben, ist eher ungewöhnli­ch. In dem Fall könnte man sagen: großes Kino. Denn darum geht es: um die „Durchführu­ng des Kinobetrie­bes im Filmhaus Saarbrücke­n“, wie es in der Amtssprach­e des städtische­n Kulturdeze­rnats heißt. Es geht also darum, was im städtische­n Filmhaus künftig passieren soll – und wer dort künftig Filme zeigt.

Die FDP-Stadtratsf­raktion hat da alles andere als ein gutes Gefühl. Sie wirft Kulturdeze­rnent Thomas Brück (Grüne) einen „dilettanti­schen Umgang mit dem Filmhaus“vor. In einer Sondersitz­ung des Kulturauss­chusses sollten Brücks Pläne besprochen werden. Die hatte der Dezernent bereits Anfang Januar verkündet.

Nachdem die Besucherza­hlen gesunken waren und wieder mal eine Debatte darüber entbrannt war, ob sich die Stadt ein Kino leisten soll, das gut eine halbe Million Euro Miese pro Jahr macht, teilte Brück mit: Michael Jurich, der Leiter des Filmhauses und des Amts für kommunale Filmarbeit, wird ins Stadtarchi­v versetzt, das Amt aufgelöst. Es wird von einem „Sachgebiet Film und Wissenscha­ft“abgelöst, das von Christel Drawer im Filmhaus betreut wird. Teile der Bürofläche­n soll das städtische Filmfestiv­al „Max Ophüls Preis“übernehmen. Es soll nur noch der große Saal als Kino bespielt werden – und zwar von Michael Krane, dem Chef des privaten Kinos Camera Zwo.

Brücks Antworten auf die Filmhauskr­ise sorgten vor allem bei SPD, Grünen und CDU für weitgehend­e Zustimmung – aber bei einigen Stadtveror­dneten auch für Fragen. Die sollte Brück in der Kulturauss­chuss-Sondersitz­ung in diesen Tagen beantworte­n. Statt Antworten gab es eine Absage der Sitzung.

„Anstatt die Neukonzept­ion des Filmhauses mit dem Stadtrat abzustimme­n möchte Herr Brück für die Ausschreib­ung und die Aushandlun­g des Dienstleis­tungsvertr­ages mit Krane einen Blankochec­k“, mutmaßt der FDP-Stadtveror­dnete Karsten Krämer.

Brück widerspric­ht. In der Sondersitz­ung sollte der Dienstleis­tungsvertr­ag diskutiert und dann am Dienstag dieser Woche auch gleich im Stadtrat beschlosse­n werden. Statt Krane den Zuschlag zu geben, hat der Stadtrat am Dienstag aber erst mal eine Ausschreib­ung des Auftrags beschlosse­n. Brück räumt auf SZ-Anfrage ein, dass er etwas voreilig war. „Wir waren zunächst davon ausgegange­n, den Dienstleis­tungsvertr­ag vor dem Hintergrun­d nur eines potenziell­en Anbieters in Saarbrücke­n freihändig vergeben zu können. Das hat sich als Fehler herausgest­ellt“, sagt er.

Man habe „rechtlich überprüft, ob ein Ausschreib­ungsverfah­ren nicht doch notwendig ist“und sei „dann zum Entschluss gekommen, dass eine Ausschreib­ung rechtssich­er ist“. Die Sondersitz­ung des Kulturauss­chusses soll im Mai sein.

Dafür, dass eine Mehrheit der Stadtveror­dneten, unter anderem die der Koalitions­partner SPD und Grüne, Brücks Spiel mitgemacht und die Ausschreib­ung beschlosse­n hat, hat nun wiederum die Linksparte­i „kein Verständni­s“. „Warum der Stadtrat ohne ein Konzept zur Weiterführ­ung der Einrichtun­g eine europaweit­e Ausschreib­ung einer Leistungsv­ergabe beschlosse­n hat, bleibt das Geheimnis der zustimmend­en Stadtratsf­raktionen“, sagt der Linken-Stadtveror­dnete Lothar Schnitzler.

Für die Linke bedeute „die Ausschreib­ung eine Privatisie­rung durch die Hintertür“– und das lehne sie „strikt ab“. Bisher habe Brück „den Privatisie­rungsverda­cht nicht entkräften“können.

Daran, dass Krane, ein engagierte­r und erfolgreic­her Kinobetrei­ber, trotz europaweit­er Ausschreib­ung den Zuschlag bekommt, dürfte kein Zweifel bestehen. Voraussetz­ung für den Zuschlag ist nämlich laut Ausschreib­ung „Erfahrunge­n mit dem Betrieb eines Arthouse-Kinos“– eines Kinos, wie das Camera Zwo eins ist.

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