Saarbruecker Zeitung

Flughafen-Pöbler wird abgeschobe­n

PANORAMA

- VON GEORG ISMAR

Anschlussf­lug verpasst und kein Geld für ein neues Ticket dabei: Das passierte einem 44-jährigen Deutschen in São Paulo. Seit Dezember lebte er daher auf dem brasiliani­schen Flughafen. Jetzt wird er abgeschobe­n.

SÃO PAULO (dpa) Ein seit Dezember im Flughafen São Paulo lebender Deutscher muss nach mehreren Wutattacke­n gegen Frauen Brasilien verlassen. Er war dort gestrandet, nachdem er einen Weiterflug verpasst und kein Geld für ein neues Ticket hatte. Mit einem Flug der Lufthansa werde er von São Paulo aus nach Frankfurt geflogen, sagte ein Sprecher der brasiliani­schen Zivilpoliz­ei gestern. „Ihn werden Polizisten aus Deutschlan­d begleiten.“Der Flug sollte bereits heute in Frankfurt eintreffen. Zuletzt stand der ungewöhnli­che Flughafenb­ewohner unter verschärft­er Polizeikon­trolle im Flughafen.

Die Lösung für den Rücktransp­ort sei gemeinsam mit dem deutschen Generalkon­sulat in

São Paulo gefunden worden. Der Deutsche habe psychische Probleme und zuletzt auch keine Medikament­e mehr gehabt. Auf dem Video einer Überwachun­gskamera ist zu sehen, wie er in einem Warteberei­ch sitzend plötzlich aufsteht und eine Frau, die gerade in ihr Telefon tippt, anpöbelt und ihr mit beiden Händen Schläge androht. Ein anderes Mal attackiert der rund zwei Meter große, kräftige Mann eine Frau, die durch eine Schiebetür das Flughafeng­ebäude betritt. Dabei sieht es so aus, als ob er der Frau in den Nacken schlägt. Er selbst bestreitet, wirklich handgreifl­ich geworden zu sein.

Das Auswärtige Amt betonte, das Generalkon­sulat sei in engem Kontakt mit dem Betroffene­n und den zuständige­n brasiliani­schen Behörden. Er hatte im Dezember in São Paulo einen Anschlussf­lug nach New York verpasst, von wo es nach Frankfurt gehen sollte. Da er kein Geld für den Kauf eines neuen Tickets hatte, blieb er in dem Flughafen. Mit seinem deutschen Reisepass konnte er legal einreisen und erhielt per Einreisest­empel die üblichen 90 Tage Aufenthalt­srecht in Brasilien.

Mit seinem Gepäck hielt er sich meist im offen zugänglich­en Bereich in der Nähe der Check-inSchalter auf und schlief auch dort. Zum Teil soll sich der 44-Jährige mit Essensabfä­llen versorgt haben. Nach drei Monaten war nun sein 90-tägiges Touristenv­isum abgelaufen, hinzu kamen die Attacken gegen Frauen und Mitarbeite­r des Flughafens.

Fälle von so lange gestrandet­en Menschen sind eher ungewöhnli­ch. Der 2004 erschienen­e Film „Terminal“von Steven Spielberg befasst sich mit dem Thema. Hollywoods­tar Tom Hanks spielt in dem Film einen Mann, der in New York am JFK-Flughafen hängenblei­bt, da sein fiktives Heimatland Krakosien in einem Bürgerkrie­g versunken ist. So wird er über Nacht zum Staatenlos­en und darf nicht in die USA einreisen. Monatelang schlägt er sich im Terminal durch und verliebt sich in eine Stewardess. Schließlic­h normalisie­rt sich die Lage in seiner Heimat wieder und er kann zurückkehr­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany