Mit lautem Klingeln durch die Stadt
Hunderte Saarbrücker fordern mit Fahrradkorso mehr Sicherheit für sich und ihre Kinder im Straßenverkehr
SAARBRÜCKEN Es war ein seltener Demonstrationstross, der am Samstagmittag durch die Saarbrücker Innenstadt rollte. Zwischen Erwachsenen auf Alltags-, Sport-, Liege- und Lastenrädern strampelten Kinder auf Laufrädchen und Tretrollern oder ließen sich von ihren Eltern im Kindersitz oder Fahrradanhänger chauffieren. Gemeinsam demonstrierten auf diese Art und Weise rund 200 Radler aller Altersklassen für bessere und sichere Radwege in Saarbrücken, gerade für Kinder. Sie folgten damit dem Aufruf des „Radlerkollektivs“, einer privaten Elterninitiative, die der Fahrradclub ADFC Saar und der ökologische Verkehrsclub VCD Saar unterstützte.
Von der großen Resonanz, auf die der Aufruf stieß, zeigten sich die Veranstalter und die Polizei überrascht. Bei der ersten ElternKind-Radel-Demo vor einem Jahr seien noch 30 gekommen, dieses Mal 197, sagte Einsatzleiter Thomas Rehlinger der SZ und unterstrich: Man habe exakt gezählt.
Viele Eltern trauten sich mit ihren Kindern auf dem Rad nicht in den Straßenverkehr, erklärte Harald Kreutzer, einer der Initiatoren vom Radlerkollektiv und selbst Vater, die Problemlage. Das Radwegenetz sei lückenhaft, und auch auf den oft schmalen Radstreifen fühle man sich nicht genug geschützt. Wenn Autos da mit 70 statt der erlaubten 50 Stundenkilometer vorbei heizten, sei das schon für Erwachsene bedrohlich, für Kinder aber noch viel gefährlicher, so Kreutzer.
„Wir fordern seit langem, dass an Hauptverkehrsstraßen Radstreifen oder Schutzstreifen gehören und zusätzlich auf dem Gehsteig das Schild ’Radfahrer frei’, damit sich Radfahrer, die sich unsicher fühlen, auf dem sicheren Gehweg bewegen können, sagte Ursula Hubertus vom ADFC Saar. Gerade für Kinder sei das eine wichtige Option. Denn ab dem zehnten Geburtstag dürften Kinder ja nicht mehr auf dem Gehweg Rad fahren, für Hubertus „makabrer, untragbarer Zustand“. Da selbst auf den Schulwegen nicht die Minimalmaßstäbe für die Sicherheit von Radlern gegeben sei, fordere der ADFC zudem innerorts Tempo 30, damit Autofahrern genug Zeit bleibe, auf Radler zu reagieren. Im Vergleich zu den Forderungen der Fahrrad-LobbyVerbände sind die der Elterninitiative Radlerkollektiv derzeit noch sehr bescheiden. „Wir würden uns mehr abgesenkte Bordsteine wünschen, mehr Freiräume an den Kreuzungen, damit man besser sieht, wenn dort ein Kind ankommt“, benannte Kreutzers Mitstreiter Thomas Abel erste Vorstellungen. Man habe den DemoTeilnehmern nichts aufoktroyieren wollen und wolle weiteres demnächst in Gesprächsrunden mit ihnen und den Stadtratsfraktionen besprechen, erläuterte Kreutzer der SZ auf Nachfrage.
Und was meinten die DemoTeilnehmer? Bisher traue er sich mit seinen Kindern Rosalie, vier Jahre, und Henri, drei Jahre, nur auf dem Landwehrplatz zu radeln, sagte Marcus Ortinau der SZ. Der Saarbrücker wünscht sich vor allem breitere Radwege, am liebsten wären ihm sogar vom Autoverkehr getrennte Radwege. Die Radstreifen auf den Straßen seien gerade für Väter, die wie er mit dem Kinderanhänger unterwegs sind, oft viel zu schmal. „Auf der Lebacher Straße ist es ein Unding“, klagt Ortinau. „Entweder man hält die ganzen Autos auf, oder man versucht auf dem Bürgersteig zu fahren und kommt zwischen den parkenden Autos mit dem Anhänger gar nicht durch.“
„Eine kluge Aufteilung des Straßenraums für alle zu machen“, fordert daher auch Andrea Schrickel im Namen ihres VCD-Landesverbands von der Stadt bei der Umsetzung des neuen Verkehrsentwicklungsplans, mit dem Stadt den Radverkehrsanteil in Zukunft ja von derzeit vier auf über zehn Prozent steigern wolle.