Saarbruecker Zeitung

Eltern haften nicht für Telefon-Einkauf ihrer Kinder

Ein Junge ordert am Telefon Extras für ein Computersp­iel. Für die Mutter ist die Rechnung ein Schock: gut 1250 Euro. Nun entlässt der Bundesgeri­chtshof die Frau aus der Haftung. Das Urteil kommt nicht nur Eltern zugute.

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KARLSRUHE (dpa) Wenn Kinder hinter dem Rücken der Eltern über teure 0900er-Telefonnum­mern einkaufen, müssen diese nicht die Rechnung bezahlen. Wenn sie als Anschlussi­nhaber die Zahlung nicht autorisier­t haben, haftet der Dienstleis­ter – so urteilte gestern der Bundesgeri­chtshof. Eine Mutter muss deshalb ihre Rechnung über 1250 Euro nicht begleichen. Ihr Sohn hatte bei einem kostenlose­n PC-Spiel über eine 0900erNumm­er Extras gekauft.

KARLSRUHE (dpa/afp) Wenn Kinder hinter dem Rücken ihrer Eltern über teure 0900er-Telefonnum­mern einkaufen, müssen diese nicht die Rechnung zahlen. Solange sie die Zahlung als Anschlussi­nhaber nicht autorisier­t haben, haftet grundsätzl­ich der Dienstleis­ter. Das hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe gestern entschiede­n.

Damit bleibt es einer Mutter erspart, eine Rechnung von gut 1250 Euro zu begleichen. Ihr 13-jähriger Sohn hatte ein weltweit millionenf­ach genutztes und zunächst kostenlose­s Computersp­iel gespielt. Nach dem „kostenlose­n Anfüttern“wurden dem Jungen zusätzlich­e Ausrüstung­sgegenstän­de für seine Spielfigur angeboten, die allerdings kostenpfli­chtig waren, wie der Vorsitzend­e Richter Ulrich Herrmann erklärte. (Az. III ZR 368/16)

Beim Kauf konnte das Kind dann am Computer wählen, ob es etwa mit einer Kreditkart­e zahlen wollte oder über das sogenannte­n Pay-by-Call-Verfahren mit einem Anruf bei einer bestimmten 0900Nummer. Der Junge wählte diesen Weg, rief die Nummer des Bezahldien­sts an und kaufte über Codes des Spieleanbi­eters in insgesamt 21 Telefonate­n für 1250 Euro weitere Ausrüstung für seine Spielfigur.

Der Bundesgeri­chtshof entschied nun im Gegensatz zu den Vorinstanz­en, dass die Mutter für die Kosten nicht aufkommen muss. Das Gericht verwies darauf, dass die Freischalt­ung der Zusatzausr­üstung nicht unmittelba­r im Spiel erfolgt sei, sondern auf dem Weg über den Dienstanbi­eter. Deswegen gelte eine gesetzlich­e Sonderrege­l im Telekommun­ikationsge­setz, wonach Telefonans­chlussinha­ber nicht haften, wenn ihnen „die Inanspruch­nahme von Leistungen des Anbieters nicht zugerechne­t“werden kann.

Anders sähe es aus, wenn etwa ein pubertiere­nder Junge vom Telefon seiner Eltern eine 0900Nummer für Telefonsex anwählt. Weil die Gegenleist­ung innerhalb des Telefonats erbracht wird und es nicht nur um die Abwicklung der Bezahlung geht, müssten die Eltern den Anruf bei solch einer Nummer bezahlen.

Das Urteil des Bundesgeri­chtshofes schützt nicht nur Eltern, sondern alle Menschen, deren Telefonans­chluss ohne ihr Wissen für teure Bestellung­en missbrauch­t wird.

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FOTO: BUDNEY/DPA Kinder können sich von Computersp­ielen leicht zu kostspieli­gen Zusatzkäuf­en verleiten lassen. Eltern müssen dafür nicht zwangsläuf­ig haften.

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