Saarbruecker Zeitung

„Die Justiz müsste weiter ermitteln“

INTERVIEW MICHAEL BUBACK Der Sohn von RAF-Opfer Buback kämpft seit Jahren für die Aufklärung des Attentats.

- Die Fragen stellte Tobias Roth. ............................................. Das komplette Interview lesen Sie auf www.saarbrueck­er-zeitung.de/interviews Produktion dieser Seite: Robby Lorenz, Frauke Scholl Fatima Abbas

KARLSRUHE Michael Buback (72) über den Mord an seinem Vater, Ermittlung­sfehler und den Umgang der Justiz mit Terroriste­n.

Herr Buback, drei Personen gelten bis heute als „unmittelba­r Tatbeteili­gte“. Können Sie einmal schildern, warum und ab wann bei Ihnen Zweifel aufkamen, dass keiner der drei (Knut Folkerts, Christian Klar, Günther Sonnenberg) derjenige war, der geschossen hat? BUBACK Folkerts erklärte 2007 im „Spiegel“, dass er nicht tatbeteili­gt war, und begründete es auch. Das Urteil des Stuttgarte­r Senats gegen Verena Becker bestätigte ihn 2012, indem es feststellt­e, dass die drei Karlsruher Täter 1976 bei einem RAF-Treffen im Harz anwesend waren, an dem Folkerts aber nicht teilgenomm­en hat. Das Urteil gegen ihn als Mittäter war demnach fehlerhaft. Auch Klar war nicht am Tatort. Er hatte die militärisc­he Ausbildung im Jemen nicht absolviert und keine Kompetenz im Motorradfa­hren, wie sie Lenker und Beifahrer beim Attentat benötigten. So war er gar nicht für das Karlsruher Tatkommand­o vorgesehen. Dagegen war Sonnenberg nach Ansicht aller Experten tatbeteili­gt, aber als Lenker des Motorrads, das er ausgeliehe­n hatte. Er wurde nicht wegen des Attentats angeklagt, sondern das Verfahren gegen ihn eingestell­t. Glauben Sie, dass irgendwann die Wahrheit ans Licht kommen wird? BUBACK Nein. Sonnenberg und Verena Becker dürfen nicht mehr angeklagt werden. Seit Ostern 2016 ist klar, dass die Bundesanwa­ltschaft Wisniewski nicht wegen des Attentats anklagen will. Darüber hinaus sehe ich keine Tatverdäch­tigen. Wenn es bei der Einstellun­g für Wisniewski bleibt, wird das Karlsruher Attentat für immer juristisch ungeklärt bleiben.

Sie haben auch Parallelen beschriebe­n zwischen RAF und NSU, welche gibt es? BUBACK Es verschwand­en jeweils Akten. Die Mörder wurden nicht verurteilt. Die entscheide­nde, die Aufklärung belastende Parallele besteht im Kontakt des Geheimdien­stes zu Terroriste­n oder diesen nahestehen­den Personen.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Mühen der vergangene­n Jahre vergebens waren, weil es bis heute kein Urteil gibt, das einen Täter klar benennt?

BUBACK Wir haben in Stuttgart ein geradezu absurdes Verfahren erlebt, in dem eine Frau [Verena Becker, Anm. d. Red.] von staatliche­r Seite angeklagt wurde, die wohl aufgrund ihrer Geheimdien­stkooperat­ion gleichzeit­ig schützende Zusagen von staatliche­r Seite besaß. Meine Frau und ich bereuen den hohen Einsatz aber nicht. Wir haben ein klares Bild von den Tätern. Die Justiz, die 2012 einräumte, sie könne die Attentäter nicht nennen, müsste eigentlich weiter ermitteln, da sie die Aufklärung­spflicht hat und Mord nicht verjährt.

 ?? FOTO: DPA ?? Michael Buback, hier 2012 beim RAF-Prozess in Stuttgart.
FOTO: DPA Michael Buback, hier 2012 beim RAF-Prozess in Stuttgart.

Newspapers in German

Newspapers from Germany