Griechenland muss schon wieder um Finanzspritzen bangen
BRÜSSEL Im Ringen um die Zukunft Griechenlands kommt es heute zu einer Kraftprobe zwischen der Athener Regierung und den Finanzministern des EuroRaums. Doch dieses Mal geht es um weit mehr als nur um den aktuellen Stand der hellenischen Reformen. Das Land braucht spätestens im Juli eine nächste Tranche aus dem 86 Milliarden Euro schweren dritten Rettungspaket – sieben Milliarden Euro.
Doch das Geld kann nur fließen, wenn die Finanzminister die Hand heben. Dazu dürfte es bei der heutigen Sitzung im maltesischen Valletta kaum kommen, denn es fehlen nicht nur die Empfehlungen der Prüfer, die im Auftrag der Geldgeber das Land zuvor unter die Lupe genommen haben. Mehrere Finanzminister drängen auch endlich auf eine Entscheidung des Internationalen Währungsfonds (IWF), ob er bei der Rettung Griechenlands an Bord bleibt – oder nicht.
„Sollte bei der Eurogruppe am Freitag kein weißer Rauch aufsteigen, habe ich bereits einen Gipfel beantragt“, sagte Premierminister Alexis Tsipras angesichts der stagnierenden Gespräche: „Trotz beeindruckender Ergebnisse scheinen einige unserer Geldgeber uneinsichtig zu sein.“Die Situation ist tatsächlich schwierig. Tsipras müsste im Auftrag der Geldgeber im nächsten Schritt eine große Renten- und Steuerreform anpacken, die zum 1. Januar 2019 in Kraft treten sollen. Beide Pakete, die zusammen Einsparungen in Höhe von 3,6 Milliarden Euro bringen könnten, sind in der Bevölkerung heftig umstritten. Mehr noch: Inzwischen wackelt auch Tsipras’ Vertrauensbasis im Volk. Deshalb würde er die beiden Reformen gerne auf mindestens zwei Schritte aufteilen.
Die Geldgeber sind dagegen. Sie fordern, dass Athen nicht nur im laufenden, sondern auch im nächsten Jahr und darüber hinaus einen Primärüberschuss (Staatshaushalt ohne Zinszahlungen) von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet. „Es ist klar, dass Griechenland einen substanziellen Primär-Überschuss für längere Zeit halten muss, um seine Schuldenlast auf eine tragbare Dimension zu bringen“, sagte Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrowskis, der für die Währungspolitik zuständig ist. Tsipras dagegen hätte gerne mehr finanziellen Spielraum für große und kleine Wahlgeschenke. Schließlich wird 2019 gewählt. Den Geldgebern aber geht es um eine gesicherte Schuldentragfähigkeit, ohne die sich der IWF nicht am dritten Hilfspaket beteiligen will. Das wäre ein beispielloser Rückschlag nicht zuletzt für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die Zustimmung des Bundestages zu dem dritten Rettungsprogramm nur bekam, weil der IWF den Euro-Raum unterstützen wollte.
Um die Washingtoner Experten zu halten, müsste Griechenland aber nicht nur seine Reformarbeit fortsetzen. Von den Geldgebern erwartet die Fachleute aus den USA auch endlich Zusagen über einen Schuldenschnitt – oder eine vergleichbare Initiative, um Athens Schulden auf ein erträgliches Maß herunterzuschrauben. Die Aussichten auf eine heutige Einigung werden von Experten auf „unter 50 Prozent“geschätzt. Es werde lediglich einen Sachstandsbericht geben, hieß es aus Berlin.