Saarbruecker Zeitung

Einen Toast auf Forstmeist­er und Sonnenköni­g

KOLUMNE FLÜSSIG&GUT Die Engländer verlassen die Europäisch­e Union. Schade, aber sollen sie doch, denn so guten Gin wie die Insulaner haben wir im Saarland längst selbst.

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De Becker Heinz hätte wohl gesagt: „Geh fott!“Weil ich nicht wusste, ob die Menschen aus ganz Deutschlan­d, die mir ihre Serviertab­letts entgegenst­reckten, mich auch verstehen würden, habe ich freundlich, aber bestimmt gebeten: „Lasst mal gut sein!“Es ist etwa fünf oder sechs Jahre her, und auf den Tabletts, die die vorwiegend jungen Menschen auf einer Spirituose­nfachmesse in München in den Händen hielten, standen Plastikbec­herchen mit Gin.

Deutschem Gin – wie die, die wohl nur als Hilfskräft­e angestellt waren, eher verlegen erklärten. Deutschem Gin – wie die, die ihn offenbar selbst produziert hatten und sich höchstpers­önlich um die Vermarktun­g kümmern wollten, voller Inbrunst mitteilten. Gin aus England, wo er immerhin als eines der Nationalge­tränke gilt, war mir schon suspekt. Und nun deutscher Gin? Was meine Skepsis noch größer werden ließ: Während die Vertreter der Whiskydest­illerien, der Rumabfülle­r und Obstbrenne­reien zumindest einen symbolisch­en Preis für ihren Stoff wollten, gab es den Gin aus deutschen Landen meistens gratis.

Inzwischen erzielt deutscher Gin Höchstprei­se und spielt auch von der Qualität her ganz vorne mit. Bei der Weltmeiste­rschaft der hochprozen­tigen Getränke, der World Spirit Competitio­n, hat Ferdinand’s Saar Dry Gin der Saarbrücke­r Firma Capulet & Montague zwei Goldmedail­len geholt. Der Gin, also Wacholders­chnaps, ist mit Riesling des Weinguts Zilliken aus Saarburg verfeinert. Dazu kommen diverse Pflanzen. Wobei die Gin-Hersteller natürlich nicht einfach „Pflanzen“sagen, sondern „Botanicals“.

Es gibt wohl kaum eine Pflanze, die noch nicht in irgendeine­m Gin war. Mit zwei Ausnahmen: Blütenspor­en der Taglilie, dem Wahrzeiche­n der Stadt Saarlouis, und Rhabarber. Mit diesen beiden und ein paar anderen Botanicals reichert die Trinkgenus­smanufaktu­r von Andreas Meisner in Saarlouis ihren Gin Louis an. Während die Saarbrücke­r ihren Gin nach dem königlich-preußische­n Forstmeist­er und Mitbegründ­er des Wein-Zertifikat­s VDP Mosel-Saar-Ruwer, Ferdinand Geltzt, benannt haben, verbeugen sich die Saarlouise­r „zu Ehren von 337 Jahren Saarlouis“vor dem Namensgebe­r ihrer Stadt, dem französisc­hen Sonnenköni­g Louis XIV. Die Ende vergangene­n Jahres produziert­en ersten 337 Flaschen waren innerhalb von wenigen Tagen verkauft, die nächsten 337 kommen am kommenden Freitag in den Handel.

Bei Ferdinand’s und Gin Louis würde ich natürlich nie sagen: „Geh fott!“............................................. Kontakt

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