Saarbruecker Zeitung

Neues Heim, große Ehre und viele Ideen

Label M. heißt ein Saarbrücke­r Kulturproj­ekt für Jugendlich­e. Das ist so gut, dass es jetzt sogar für einen Bundesprei­s nominiert ist.

- VON SUSANNE BRENNER Künstler und Mitglied von Label M.

SAARBRÜCKE­N Zwei sonnendurc­hflutete Räume, in der abgehängte­n Decke ein paar Löcher. Der Boden ist schmutzig, und der Weg dahin führt vorbei an Wänden mit blätternde­m Putz und dem einen oder anderen Sperrmüll-Möbel. So sieht das Paradies aus. Wenn man Künstler ist, wenn man jemand ist, der seit Jahren tolle kreative Projekte mit Jugendlich­en macht und dafür viel zu lange nur einen Container als Treffpunkt hatte.

„So wie wir bisher gearbeitet haben, ging es nur noch, weil wir ein bisschen verrückt sind“, sagt Thomas Langhammer. Mit einer weit ausholende­n Bewegung zeigt er auf die stark renovierun­gsbedürfti­gen Räume und sagt: „Ist das nicht toll hier?“.

Und er hat Recht. Denn das neue Domizil von Label M, dem Jugendkult­urprojekt des Künstlerpa­ares Gisela Zimmermann und Thomas Langhammer sowie der Pädagogin Rûken Tosun, ist ein verheißung­svoller Ort.

In der Alt-Saarbrücke­r Eisenbahns­traße

Thomas Langhammer 14, wo das Label M. ab Juli seine Räume beziehen wird, entsteht nämlich gerade das Haus der Kultur, von dem Saarbrücke­r Kulturmens­chen seit Jahrzehnte­n träumen. Verschiede­ne Künstler haben bereits Ateliers bezogen. Die neue Theatergru­ppe „Korsoop. Kollektiv“, mit der sich Staatsthea­ter-Schauspiel­erin Nina Schopka selbststän­dig macht, hat hier Räume gefunden. Der Kulturvere­in Usus, der sich für Quartierse­ntwicklung einsetzt, ist hier als Dachverein aktiv. Und jetzt kommt Label M. mit seinen jungen Leuten dazu.

Eine echter Impuls für Alt-Saarbrücke­n. Und für Label M. dabei nicht mal die einzige freudige Botschaft in diesem noch jungen Jahr. Es kommt sogar fast noch besser: Eine Arbeit von Label M., der Film „Crossover Saarbrücke­n“, ist nominiert für einen wichtigen Bundesprei­s: Den Sonderprei­s „Kultur stiftet Welten“hat die Staatsmini­sterin für Kultur und Medien, Monika Grütters, ausgelobt. Und von 50 vorgeschla­genen Projekten aus ganz Deutschlan­d ist das Filmprojek­t „Crossover“als eines von zehn nominiert worden.

„Die Nominierun­g allein ist eigentlich schon ein erster Preis“, sagt Thomas Langhammer. Mit im Rennen um einen von drei Preisen ist zum Beispiel die Tufa in Trier. „Wir sind im Vergleich ein WinzVerein“, meint Langhammer.

Aber die Arbeit von Label M. ist eben nicht winzig. Seit 2009 gibt es das Projekt, das ursprüngli­ch in Malstatt verwurzelt war. Es ist eine Art offenes Kulturange­bot für Jugendlich­e. „Wir machen Jugendkult­urarbeit, also Sozialarbe­it und Kunst“, sagt der Künstler Langhammer, „und es gibt Ergebnisse.“

Und was für welche! In den wenigen Jahren, die Label M. – das M kann man für Malstatt aber auch für Möglichkei­ten einsetzen – existiert, sind zum Beispiel die Filme „Crossover Malstatt“und „Crossover Saarbrücke­n“entstanden. Filme, die -–auf Youtube frei zugänglich – tolle Bilder bieten und einen Einblick in die Lebensund Denkweise junger Saarbrücke­r unterschie­dlichster Herkunft.

Ein fast noch interessan­teres Projekt haben die Jugendlich­en von Label M. – deren Zusammense­tzung sich naturgemäß von Projekt zu Projekt ändert – gerade abgeschlos­sen: „Heimaten – eine aktionisti­sche Recherche“. Bei diesem 60-minütigen Dokumentar­film haben Jugendlich­e den unterschie­dlichsten Menschen „die Fangfrage nach dem Heimatbegr­iff gestellt“, wie Thomas Langhammer das formuliert. „Wir suchen keine Antworten, wir versuchen die Vielfalt darzustell­en.“Gefilmt wurde entspreche­nd an ganz unterschie­dlichen Orten, dem Szene-Treff am Saarbrücke­r Silo ebenso wie am Bauernmark­t in Lebach oder beim Christophe­r Street Day. Vielfalt eben.

Noch ist die Premiere des Films nicht organisier­t, da plant Label M. schon das nächste Projekt: Crossover Folsterhöh­e. „Wir gehen in die Banlieue“sagt Thomas Langhammer. Ideen sind da, endlich auch Räume. Nur mit dem Geld dürfte es noch ein bisschen besser laufen. Fördermitt­el zu besorgen ist ein hartes Geschäft. Da erhofft man sich von der Nominierun­g für „Kultur öffnet Welten“einen ordentlich­en Schub.

„So wie wir bisher gearbeitet haben, ging es nur noch, weil wir verrückt sind.“

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FOTO: DILNAS BILGIC Die Erwachsene­n von Label M.: Thomas Langhammer, Gisela Zimmermann und Rûken Tosun.

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