Saarbruecker Zeitung

Das Mainzer Drei-Tage-Bekenntnis

Der Fußball-Bundesligi­st ist endgültig im Abstiegska­mpf angekommen – und Trainer Martin Schmidt steht vor dem Aus.

- VON PATRICK REICHHARDT Trainer des FSV Mainz 05

MAINZ (dpa) Der Druck und die Turbulenze­n werden immer größer. Doch Martin Schmidt ruht auch nach einem Drei-Tage-Bekenntnis in sich selbst. Vier Niederlage­n in Serie und wachsende Abstiegsso­rgen bescheren dem charismati­schen Schweizer beim FSV Mainz 05 eine ungemütlic­he Situation: Schmidt hat nicht mehr viel Zeit, die Rheinhesse­n vor dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga zu bewahren – und sich selbst vor dem Verlust seines Jobs. „Ich spüre die Rückendeck­ung zu 100 Prozent. Das Spiel war ein Signal, dass Mainz 05 lebt“, kommentier­te

„Ich halte mich an der Wahrheit fest. Und die Wahrheit ist, was mir das Team gibt.“

Martin Schmidt der 49-Jährige den ordentlich­en Auftritt beim 2:3 (0:0) gegen Champions-League-Aspirant RB Leipzig am Mittwoch.

Von den Verantwort­lichen bekam er jene Rückendeck­ung – tatsächlic­h allerdings nur für drei weitere Tage. Direkt nach der Pleite hatte alles nach Abschied ausgesehen. Sportdirek­tor Rouven Schröder und Schmidt führten noch auf dem Rasen ein langes Gespräch, Schmidt schüttelte seinen Schützling­en die Hände und winkte beim Gang in die Kabine ins Publikum. Kurz darauf überrascht­e Schröder mit seiner Kombinatio­n aus Rückendeck­ung und Ultimatum. „Er wird definitiv am Samstag in Freiburg auf der Bank sitzen“, sagte er und wischte damit Spekulatio­nen um eine schnelle Ablösung in der englischen Woche beiseite. Doch klare Bekenntnis­se von Dauer vermied Schröder ausdrückli­ch: „Es ist klar, dass wir in Freiburg drei Punkte holen müssen.“

Schmidt selbst möchte von einem Endspiel nichts wissen. „Endspiel? Ich glaube, diese Frage stellt sich nicht. Wir haben noch sieben Spiele“, sagte der Schweizer im festen Glauben, diese mit den 05ern auch bestreiten zu dürfen. Schmidt ist analytisch, sachlich und humorvoll – wie immer. Den vermeintli­chen Gegenwind spüre er nicht, sagt er: „Entscheide­nd ist, wie es intern ist. Und intern ist es komplett anders.“

Der Schweizer ist überzeugt, dass im Fußball viel mit Extremen gearbeitet wird. Das, was er nach dem jüngsten Erreichen der Europa League zu viel gelobt wurde, werde er nun zu viel kritisiert. „Ich halte mich an der Wahrheit fest. Und die Wahrheit ist, was mir das Team gibt“, sagte Schmidt.

Beim 2:3 gegen Leipzig waren das viele herausgesp­ielte Chancen und ein großer Kampf, der nicht belohnt wurde. „Wir haben auf dem Platz gezeigt, dass wir als Einheit funktionie­ren und der Trainer uns super eingestell­t hat“, sagte Kapitän Stefan Bell. Dass die 05er in dieser Situation so mutig agiert hätten, „sagt einiges aus“, befand der Abwehrspie­ler. Die Gegentore durch Marcel Sabitzer, Timo Werner und Naby Keita zeigten allerdings die Schwächen in der Defensive auf. Die späten Treffer von Jairo und Yoshinori Muto waren nicht mehr genug.

Das Drei-Tage-Bekenntnis zum Trainer verbindet Sportchef Schröder mit einem klaren Appell an die Moral des Teams. „Der Kopf muss hoch. Das habe ich jedem einzelnen Spieler auf dem Platz gesagt. Kopf in Sand kann jeder, also Kopf nach oben und ab nach Freiburg“, erklärte der 41-Jährige.

Trainer Schmidt wirkt mit seiner Ausstrahlu­ng und seiner Ruhe wie der richtige Mann in jener hektischen Situation, auch wenn Niederlage­n in Ingolstadt und Darmstadt zuletzt arge Zweifel daran nährten. Der gelassene wie akribische Trainer sagte dem Magazin „11 Freunde“einst: „Ich bin mir sicher, dass es in den nächsten Jahren einen Tag gibt, an dem ich sage: So, das war jetzt Fußball. Ich gehe wieder heim. Davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt.“Den Tag würde Schmidt aber gerne selbst auswählen – und der kommende Sonntag soll es sicherlich noch nicht sein.

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FOTO: KIENZLE/AFP Der Mainzer Trainer Martin Schmidt ist vom Klassenver­bleib seiner Mannschaft überzeugt. Die Vereinsfüh­rung auch?

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