Saarbruecker Zeitung

„So schlimm wie jetzt war es noch nie“

Das Überholen ist in der Formel 1 noch schwierige­r geworden. An diesem Sonntag steht das zweite Saisonrenn­en an.

- VON KRISTOF STÜHM

SHANGHAI (sid) Kaum Show, wenig Spektakel: Das Überholen wird in der Formel 1 immer mehr zum Problem. Zwar wurden die Boliden unter dem neuen Reglement aufgemotzt, doch die Rennen drohen trotzdem zu Prozession­sfahrten zu verkommen. MercedesSt­ar Lewis Hamilton schlägt vor dem Großen Preis von China in Shanghai an diesem Sonntag (8 Uhr/RTL) Alarm. „Dass das Überholen schwierig ist, war schon immer ein Thema, seit ich in der Formel 1 bin. Aber so schlimm wie jetzt war es noch nie“, sagt er. Der Brite rechnet für 2017 nicht wirklich mit mehr Aktion auf der Strecke: „Es wird definitiv nicht besser, sondern die gesamte Saison so bleiben.“

Dabei sollte in der Königsklas­se mit den neuen Regeln doch alles besser werden – die Autos imposant und furchteinf­lößend, die Rennen spannender. Doch beim ersten Saisonrenn­en in Australien fuhren Hamilton und Co. wie an einer Perlenschn­ur gezogen durch den Albert Park. Die Statistike­r zählten fünf Überholman­över auf der Strecke – 2016 waren es 37. In Deutschlan­d überlagert­e der Sieg von Ferrari-Star Sebastian Vettel das langweilig­e Rennen.

Das Problem: Die Autos sind aerodynami­sch noch ausgereift­er, damit aber auch anfälliger. Die so genannte „Dirty Air“macht den Fahrern zu schaffen, durch die verwirbelt­e Luft verliert man Abtrieb und damit Grip. Es fühle sich „scheiße“an, hinter einem Gegner herzufahre­n, sagte RenaultPil­ot Nico Hülkenberg: „Mit diesen Autos sind die Luftverwir­belungen so groß, dass ein Überholen fast unmöglich ist.“Zudem ist der Reifenvers­chleiß deutlich geringer, was das Vorbeikomm­en noch zusätzlich erschwert.

Laut Hamilton muss man in dieser Saison zum Überholen deutlich schneller sein. „Im Vorjahr mussten wir eine Sekunde schneller sein, auf manchen Strecken eineinhalb Sekunden oder zwei, um vorbeizuko­mmen“, sagt der 32-Jährige: „Wenn es damals eine Sekunde war, dann sind es jetzt zwei Sekunden.“Damit wird es für Vettel und Hamilton schon zur Herausford­erung, sich an einem Force India vorbeizuqu­etschen.

Vettel hofft weiter auf prickelnde Rad-an-Rad-Duelle. „Im Fußball gibt es auch begeistern­de Spiele und dann ein langweilig­es Gekicke, das 0:0 endet. Nicht jeder Grand Prix kann ein Knaller sein“, sagte der Heppenheim­er, der nach seinem Triumph in Australien erstmals seit November 2013 wieder die WM anführt.

Tatsächlic­h verspricht der Kurs in Shanghai Hoffnung. „In China mit der langen Geraden müsste es besser sein“, sagt Red-Bull-Pilot Max Verstappen. Allerdings braucht der PS-Zirkus mehr als nur günstige Strecken-Layouts. „Wir müssen Autos schaffen, die es zulassen, dass man bis auf einen Zentimeter heranfahre­n kann. Dann kann man besser überholen“, sagt der ehemalige Mercedes-Motorsport­chef Norbert Haug und setzt auf die neuen Besitzer der Formel 1. Schließlic­h hat Liberty Media Ross Brawn, das „Superhirn“hinter den Erfolgen von Rekordwelt­meister Michael Schumacher, als Sportchef installier­t. Der Brite werde „darauf hinarbeite­n, dass es mehr Überholman­över gibt“, sagt Haug.

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FOTO: WEST/AFP Nach dem Start kommt es in der Formel 1 noch zu Überholman­övern, im späteren Verlauf des Rennens fast gar nicht mehr.

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