Saarbruecker Zeitung

Bundespoli­tiker blicken mit Sorge auf das Referendum

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BERLIN (vet) Ein mehrheitli­ches „Ja“der Wahlberech­tigten würde Präsident Erdogan einen enormen Machtzuwac­hs bescheren. CDU-Innenexper­te Wolfgang Bosbach malt ein düsteres Szenario: „Die Türkei marschiert schon seit Jahren mit großen Schritten weg in Richtung eines autoritäre­n Regimes.“Er hoffe deshalb auf ein Scheitern des Referendum­s.

Auch der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der SPD, Rainer Arnold, will die Hoffnung nicht aufgeben, „dass sich die Mehrheit der Menschen in der Türkei gegen die Einschränk­ung von Bürgerrech­ten entscheide­t“. Alles andere, so Arnold, wäre auch für die Nato eine zusätzlich­e Belastung. Die Türkei verfügt nach den USA über die zweitgrößt­e Nato-Armee.

Auf die Frage nach den Folgen äußerte sich der SPD-Politiker zurückhalt­end: An der militärisc­hen Zusammenar­beit mit Ankara werde sich nichts Grundlegen­des ändern.

Das sieht Grünen-Politiker Jürgen Trittin anders: „Es geht um die Frage Demokratie oder Diktatur.“

Falls das „Ja“-Lager gewinne, steht für ihn fest: „Die Bundesregi­erung muss dann alle Rüstungsex­porte in die Türkei stoppen und darf keine Finanzhilf­en gegen die Wirtschaft­skrise liefern.“

Der ehemalige Fraktionsv­orsitzende der Linken, Gregor Gysi, hält sogar einen Wahlbetrug für möglich. „Dafür spricht schon, dass die internatio­nale Wahlbeobac­htung in den Kurdengebi­eten stark eingeschrä­nkt wurde.“Die EU müsse in einem solchen Fall „die Beitrittsv­erhandlung­en aussetzen und die Nato über die Mitgliedsc­haft eines undemokrat­ischen Landes nachdenken“. Alle Regierunge­n in Europa müssten die Flüchtling­sfrage nicht länger über die Türkei regeln „und sich damit täglich erpressbar machen“, meinte Gysi.

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